ZNT – Zeitschrift für Neues Testament
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1435-2249
2941-0924
Francke Verlag Tübingen
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2007
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Dronsch Strecker Vogel»Auferstehung der Toten - eine individuelle Hoffnung?«
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2007
Hermann Deuser
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44 ZNT 19 (10. Jg. 2007) Kann die religiöse (biblische, christliche) Vorstellung der Auferstehung der Toten von einer Illusion unterschieden, d.h. als real wirksam überhaupt gedacht werden? Dies ist keine historische (religionsgeschichtliche) Frage, sondern eine systematische Frage, wie im Kontext unseres wissenschaftlichen Weltbildes verantwortlich mit einer der Kernbotschaften des Christentums umzugehen ist. Denn wie auch immer sich die einzelnen biblischen Texte die Realität der Auferstehung vorgestellt haben, wir müssen heute erklären können, in welchem Verhältnis zu unserer Auffassung von Natur, Wirklichkeit und Realität im Ganzen das zu vertreten ist, was im christlichen Glaubensbekenntnis Auferstehung heißt. Die beiden Autoren teilen diese strikt systematische Ausgangsfrage: Auferstehung muss »widerspruchsfrei«, d.h. im (kritischen) Anschluss an unser Wirklichkeitsverständnis konzipiert werden können (H. Kessler); zwischen der menschlich zugänglichen Wirklichkeit und der übertragenen Redeform der Religionen (Metaphern, Bilder, Symbole) ist prinzipiell eine Differenz zu machen, um sinnlose Vorstellungen zu vermeiden (R. C. Neville). Kontrovers erscheint demgegenüber die Durchführung der jeweils eigenen Beantwortung des gestellten Problems. Nevilles »metaphysische Hypothese über Zeit und Ewigkeit« besagt: Wenn Phänomene des Religiösen, der Spiritualität und Mystik ernst genommen zu werden verdienen, wenn es Grund gibt, die »Berührung von Endlichem und Unendlichem« als Erweiterung eines platt empiristisch reduzierten Weltbildes in Erwägung zu ziehen, dann muss das wieder möglich sein, was seit der europäischen Aufklärung vielfach in Zweifel gezogen wurde - Metaphysik, d.h. das zu denken, was selbst nicht empirisch sein kann. Modern im Sinne heutiger Wissenschaftstheorie ist dieser Ansatz, sofern er sich selbst als Hypothese einführt - diese aber ist notwendig. Um den komplexen Ereigniszusammenhängen im »Zeitfluss« gerecht werden zu können, muss Ewigkeit gedacht werden. Schöpfung ist somit zugleich der metaphysische wie religiös-symbolische Ausdruck der Realität, die als Geschaffene den Schöpfungsakt voraussetzt. Auf dieser Begründungsbasis lassen sich dann die unterschiedlichen Ausdrucksformen der Religionen, hier: der Auferstehung der Toten sachgemäß auslegen. Es kann dabei im Christentum nicht um eine Hinterwelt gehen, sondern nur um die alles entscheidende Realität, wie sie sich in unserer Wirklichkeitserfahrung selbst meldet, »die volle ewige Dimension des Lebens«. Diese Tiefenschicht auszudrücken bemühen sich die religiösen Bilder des Himmels etc. Um aber begrifflich die Ausschließung von problematischen Endzeitvorstellungen und Sonderwelten geltend zu machen, spricht Neville von »realisierter Eschatologie«: Die Gleichnisse Jesu vom Reich Gottes stehen genau an dieser Stelle und sind als übertragene Rede notwendig. Kesslers Einwand zielt auf die metaphysischen Abstraktionen in Nevilles Hypothese, und konsequent geht er den dazu gegenläufigen Weg der Fülle »biblischer Perspektiven« in christlicher Erfahrung. Dazu muss allerdings erstens gezeigt werden, dass das Weltbild des »positivistischen Naturalismus« der Moderne an »Grunderfahrungen« wie Tod, Liebe und Opfer scheitert - auch wenn dies als »philosophisch unentscheidbar« erscheint; zweitens muss die dezidiert theologische Bedingung eingeführt werden, dass ein »erweitertes Verständnis der einen Wirklichkeit« Gott als Schöpfer einzubeziehen und auszulegen verlangt. Erst dadurch ist nämlich den biblischen Bild- und Vorstellungswelten ihr Sachgrund wiedergegeben, radikale Verwandlung dieser Welt und dieses Leibes, die Rettung der personalen Identität in einer neuen Wirklichkeit vertreten zu können. Die »realisierte Eschatologie« (Neville) erscheint dann durchaus auch, und zwar als »tägliche Auferstehung« - aber im deutlichen Unterschied zur »zukünftigen Auferstehung«. Was trauen wir der religiösen Rede in ihren notwendig bildhaften Übertragungen zu - und warum können wir dieses Zutrauen haben? Auferstehung der Toten bedeutet »ganz-geworden, geheilt, geläutert, vollendet« sein (Kessler) - und der Grund dafür liegt im »göttlichen kreativen Akt der Ewigkeit« (Neville). Hermann Deuser Kontroverse »Auferstehung der Toten - eine individuelle Hoffnung? « Eine Einführung zur Kontroverse 006207 ZNT 19 19.03.2007 8: 37 Uhr Seite 44 User: Steffen Hack Lpi: 175 Scale: 100%
