ZNT – Zeitschrift für Neues Testament
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1435-2249
2941-0924
Francke Verlag Tübingen
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2007
1020
Dronsch Strecker VogelDer erinnerte Jesus als Begründer des Christentums?
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2007
Jens Schröter
In der neueren Jesusforschung ist verschiedentlich der Begriff »Erinnerung« ins Spiel gebracht worden. Damit soll deutlich gemacht werden, dass Geschichte stets produktive Aneignung vergangener Ereignisse darstellt. Auch im Blick auf die Person Jesu liegen seit den frühesten Zeugnissen Deutungen seines Wirkens und Geschicks vor, die als Wirkungen seines Auftretens zu interpretieren sind. Der Erinnerungsbegriff kann dabei dazu dienen, die problematische Gegenüberstellung von »historischem Jesus« und »kerygmatischem Christus« zu überwinden.
Die Kontroverse zwischen Dunn und Schröter dreht sich vor diesem Hintergrund um die Frage, inwieweit sich mit Hilfe des Erinnerungsbegriffs das Profil der Person Jesu erfassen lässt. Konkreter Bezugspunkt ist die Jesusdarstellung von James Dunn »Jesus Remembered« von 2003. In diesem hatte Dunn die These entwickelt, Jesus sei als »Gründer des Christentums« zu betrachten, da die von ihm ausgehenden Wirkungen zur Entstehung des christlichen Glaubens geführt hätten. Die Anfänge dieses Glaubens lassen sich deshalb Dunn zufolge bereits in die Zeit des irdischen Wirkens Jesu zurückzuführen. Schröter stellt in seiner Auseinandersetzung mit diesem Ansatz die Annahme eines direkten Weges vom Wirken Jesu zur Überlieferung in den synoptischen Evangelien in Frage. Kritisch angefragt wird des Weiteren, ob der christliche Glaube bereits mit dem irdischen Jesus in Verbindung zu bringen sei. Der Erinnerungsbegriff könnte Schröter zufolge die Gefahr in sich bergen, notwendige Differenzierungen einzuebnen. In seiner Antwort hält Dunn dem entgegen, dass die synoptische Überlieferung ein hohes Maß an Kohärenz aufweise, das es sehr wohl ermögliche, zum irdischen Jesus zurückzuführen und die Anfänge des christlichen Glaubens mit seinem Wirken in Verbindung zu bringen. In einem gemeinsamen Statement halten beide Autoren abschließend fest, dass sie trotz der Divergenzen von der gemeinsamen Überzeugung ausgehen, der Erinnerungsbegriff sei eine produktive hermeneutische Kategorie für die Jesusforschung.
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ZNT 20 (10. Jg. 2007) 47 Die folgenden Ausführungen setzen sich mit James Dunns Position innerhalb der sogenannten »dritten Frage« (third quest) nach dem historischen Jesus auseinander. Im Mittelpunkt steht dabei sein großes Werk »Jesus Remembered« 1 , das einen wichtigen Beitrag zur aktuellen Diskussion um den historischen Jesus darstellt. Einbezogen wird darüber hinaus sein Aufsatz »Jesus Tradition in Paul« von 1998, anhand dessen sich Charakteristika seines Ansatzes verdeutlichen lassen, um die es im Folgenden gehen soll. 2 Von grundlegender Bedeutung für die gegenwärtige Diskussion, wie für die historisch-kritische Jesusforschung überhaupt, ist Dunns Anliegen, die irreführende Diastase zwischen »historischem Jesus« und »kerygmatischem Christus« zu überwinden. Damit wird ein wesentlicher Beitrag zur methodischen Diskussion innerhalb der »Third quest nach dem historischen Jesus« geleistet. Auch die »Third quest« teilt die in der historisch-kritischen Jesusforschung entwickelten und weithin anerkannten methodischen Voraussetzungen. Dazu gehört die Unterscheidung des Wirkens Jesu von seiner Deutung aus der Sicht des christlichen Glaubens. Wie dieses Verhältnis genau zu bestimmen ist, ist eines der am heftigsten diskutierten Probleme der Jesusforschung. Die zuerst von Hermann Samuel Reimarus formulierte These eines fundamentalen Bruchs zwischen Jesu Wirken und Geschick einerseits, der Christologie der frühen Kirche andererseits, steht dabei auch hinter etlichen Entwürfen der gegenwärtigen Jesusforschung. Deren Aufgabe wird entsprechend darin gesehen, durch die Herausarbeitung der historischen Tatsachen hinter den Texten eine durch dogmatische Prämissen dominierte Perspektive auf Jesus zu überwinden. Gegenüber einer solchen Sichtweise entwickelt Dunn in dem für die methodische Grundlage seines Buches zentralen sechsten Kapitel unter der Überschrift »History, Hermeneutics and Faith« (99-136) in Anlehnung an gegenwärtige geschichtstheoretische Konzepte die Unterscheidung von Material, Ereignis und Tatsache (102): Das historische Ereignis selbst gehört der Vergangenheit an und ist als solches nicht mehr unmittelbar zugänglich. Was dem Historiker zur Verfügung steht, sind dagegen die historischen Materialien, die von dem vergangenen Ereignis zeugen und auf deren Grundlage er sein Bild der Vergangenheit entwirft. Geschichte ist deshalb niemals mit der Vergangenheit, wie sie »wirklich« war, zur Deckung zu bringen. Vielmehr wird die Vergangenheit in einem Geschichtsentwurf stets unter den Bedingungen der jeweiligen Gegenwart angeeignet und erlangt gerade so Bedeutung für die Interpretation der eigenen Zeit als geschichtlich bestimmter Wirklichkeit. An die Stelle der Vorstellung, die vergangenen Ereignisse könnten so rekonstruiert werden, wie sie sich tatsächlich abgespielt haben, tritt deshalb die Auffassung von Geschichte als »erinnerter Vergangenheit«. Der Erinnerungsbegriff, der bereits im Titel des Buches von Dunn begegnet, weist dabei auf die Verknüpfung von Vergangenheit und Gegenwart hin, die jeder Beschäftigung mit der Vergangenheit zugrunde liegt und diese erst zu einem für die Interpretation der Wirklichkeit relevanten Unternehmen werden lässt. Für Dunn folgt daraus - und darin ist ihm zweifellos zuzustimmen -, dass die Alternative zwischen einem dogmatischen Jesus der christlichen Tradition und einem Ansatz, der eine derartige »theologische« Perspektive durch eine »rein historische« Betrachtungsweise ersetzen möchte, methodisch unzureichend ist. Eine Darstellung des Wirkens und Geschicks Jesu muss vielmehr historisch plausibel machen können, wie aus den Ereignissen um Jesus das Christentum entstanden ist. Dunn spricht diesbezüglich von Jesus als dem »Begründer des Christentums« (founder of Christianity, 174). Damit ist gemeint, dass der »historische Glaube« (historical faith) als Antwort auf das Kontroverse Jens Schröter Der erinnerte Jesus als Begründer des Christentums? Bemerkungen zu James D.G. Dunns Ansatz in der Jesusforschung 061607 ZNT 20 03.10.2007 7: 32 Uhr Seite 47 User: Steffen Hack Lpi: 175 Scale: 100% 48 ZNT 20 (10. Jg. 2007) Kontroverse Wirken Jesu bereits an den Anfängen der Jesustradition festzustellen sei, die Ursprünge des Christentums deshalb bis in vorösterliche Zeit zurückgehen würden. Damit will Dunn nicht bestreiten, dass die Neuinterpretation dieser Tradition aus nachösterlicher Perspektive eine wichtige Entwicklung in der Geschichte des frühen Christentums darstellt. Es müsse aber von einer Kontinuität zwischen vorösterlicher Erinnerung und nachösterlichem Bekenntnis ausgegangen werden, um die Entstehung des Christentums historisch verständlich zu machen. In diesem Sinn bezeichnet Dunn bereits die ältesten Erinnerungen als »Glaube«. Christlicher Glaube als Reaktion der Nachfolger Jesu auf dessen Wirken habe seine Wurzeln demnach bereits in vorösterlicher Zeit und gründe nicht in einem nachösterlichen Kerygma. Damit vertritt Dunn eine pointierte Position, die etliche Fragen aufwirft. Eine der gravierendsten ist zweifellos, ob sich das in den Schriften des Neuen Testaments vorausgesetzte Verständnis christlichen Glaubens in die vorösterliche Zeit zurückprojizieren lässt, oder ob hier nicht wesentliche Entwicklungen aus nachösterlicher Zeit auf fragwürdige Weise für die Phase des irdischen Wirkens Jesu in Anspruch genommen werden. Der methodische Ansatz von Dunn hat somit einerseits den Vorzug, auf historische Plausibilität zu setzen und dadurch eine ahistorische Trennung von Wirken Jesu und nachösterlichem Kerygma hinter sich zu lassen. Er steht andererseits in der Gefahr, in undifferenzierter Weise das Bild einer kontinuierlichen Entwicklung von Jesus zum christlichen Glauben zu zeichnen, indem spätere Deutungen für das Wirken und Selbstverständnis Jesu selbst in Anspruch genommen werden. Im Folgenden wird diese Problematik anhand von drei Bereichen konkreter entfaltet. 1. In Kapitel 8 (»The Tradition«) führt Dunn aus, dass die frühe Jesustradition nicht zu Jesus selbst, sondern nur zur Erinnerung seiner ersten Nachfolger zurückführe. Daraus folgert er: »Die Eigenart der Tradition als gemeinsamer Erinnerung bedeutet, dass wir in vielen Fällen nicht genau wissen können, was genau Jesus getan oder gesagt hat« (241). Was uns zugänglich ist, sei vielmehr der Eindruck (impact), den seine Worte und Taten bei seinen ersten Anhängern hinterlassen haben. Dieser Zugang, der zunächst ganz im Sinne Rudolf Bultmanns den Blick von Jesus selbst auf das Zeugnis seiner frühen Anhänger lenkt, führt bei Dunn jedoch nicht zu der Konsequenz, zwischen dem Wirken Jesu und dessen Deutung durch seine Anhänger konsequent zu unterscheiden. Vielmehr lässt sich ihm zufolge von dem impact, den Jesus hinterlassen hat, auf das historische Profil seines Wirkens selbst zurückschließen. Damit werden jedoch wichtige Differenzierungen eingeebnet, die bei einer Jesusdarstellung zu berücksichtigen sind. Dies sei an folgender Beobachtung verdeutlicht. In etlichen frühchristlichen Schriften - etwa bei Paulus, im 1. Petrusbrief, im Jakobusbrief und in der Didache - begegnen Überlieferungen, die Analogien in den synoptischen Evangelien besitzen. Sie werden in diesen Schriften jedoch nicht auf Jesus zurückgeführt, sondern als allgemeine Ermahnungen innerhalb der jeweiligen Argumentationen verwendet, die unter der Autorität von Paulus, Petrus, Jakobus oder der zwölf Apostel stehen. In seinem eingangs erwähnten Aufsatz »Jesus Tradition in Paul« erklärt Dunn diesen Befund in Bezug auf Paulus folgendermaßen: »In Diskursgemeinschaften können bloße Anspielungen eine hohe Wirkung entfalten, weil sie weitergehende Assoziationen und gemeinschaftliche Erinnerungen auszulösen vermögen.« Die Jesustradition, aus der Paulus zitiert, sei dementsprechend »noch nicht endgültig fixiert« gewesen, weshalb Anspielungen auf sie genügt hätten, um die Autorität Jesu ins Feld zu führen. Des Weiteren argumentiert Dunn, es wäre eine »sonderbare Schlussfolgerung« anzunehmen, dass »die in der frühen Kirche rezipierten Traditionen aus dem Umfeld der Synoptiker nicht als von Jesus stammend erinnert wurden oder dass die frühen Gemeinden es zumindest nicht für notwendig erachtet hätten, in ihrer gemeinsamen Erinnerung an der Zuschreibung dieser Traditionen an Jesus festzuhalten« (173). Der genannte Befund »synoptischer« Überlieferungen außerhalb der synoptischen Evangelien weist jedoch in eine andere Richtung. Er führt zu der Beobachtung, dass es eine Form frühchristlicher Katechese gab, zu der die Lehre Jesu ebenso gehörte wie Schriftzitate und paränetische bzw. weisheitliche Traditionen des Frühjudentums. Dies sei an einigen Beispielen näher erläutert. 061607 ZNT 20 03.10.2007 7: 32 Uhr Seite 48 User: Steffen Hack Lpi: 175 Scale: 100% ZNT 20 (10. Jg. 2007) 49 Jens Schröter Der erinnerte Jesus als Begründer des Christentums? (a) Bei der Berufung auf ein »Wort des Herrn« führt Paulus weder in 1Kor 7,10f. noch 1Kor 9,14 ein explizites Zitat an. Vielmehr verweist er im Kontext seiner eigenen Argumentationen auf die Autorität des Herrn. Charakteristisch für beide Passagen ist dabei weiter, dass die erwähnten Weisungen des Herrn so mit den eigenen Ausführungen des Paulus über die Ehescheidung bzw. das apostolische Unterhaltsrecht verbunden werden, dass sie als ein Argument unter anderen erscheinen. (b) In 1Kor 7,8-12 gibt Paulus den Unverheirateten, den Witwen sowie »den Übrigen« im Namen seiner eigenen Autorität Anweisungen, die er explizit von der Weisung des Herrn unterscheidet. In 1Kor 7,25 stellt er sodann im Zusammenhang der Mahnungen an die Jungfrauen ein »Gebot des Herrn« (gr. epitage kyriou) seiner eigenen Meinung (gr. gnome) gegenüber. Am Schluss des ganzen Abschnitts begründet er den autoritativen Anspruch seiner eigenen Weisung mit dem Hinweis, dass auch er den Heiligen Geist besitze (7,40). (c) In 1Kor 9,14 gründet Paulus sein Recht auf Unterhalt durch die korinthische Gemeinde auf ein Wort des Herrn (gr. ho kyrios dietaxen), sieht aber zugleich in seiner eigenen Entscheidung, diesen Unterhalt nicht in Anspruch zu nehmen, eine legitime Einstellung zu seinem Dienst am Evangelium. (d) In 1Thess 4,15 bezieht sich Paulus im Zusammenhang seiner Ausführungen über das Geschick der Lebenden und der Toten bei der Wiederkunft Jesu auf ein »Wort des Herrn«. Dies bezieht sich offenbar nicht auf ein Wort des irdischen Jesus, vielmehr beruft sich Paulus für seine eigenen Darlegungen auf die Autorität des Herrn. (e) In 1Kor 11,23-25 führt Paulus den Bericht über die Einsetzung des Herrenmahls mit der Bemerkung ein, dass er diesen vom Herrn empfangen und den Korinthern weitergegeben habe. Es ist offensichtlich, dass er sich auch hier nicht auf Worte des irdischen Jesus bezieht, sondern auf eine frühchristliche Überlieferung, die die Einsetzungsworte zum Herrenmahl in einem speziellen historischen Kontext (die Nacht, in der Jesus ausgeliefert wurde) platziert. Dies zeigt sich daran, dass die zitierte Überlieferung mit der für eine Traditionsübermittlung typischen Terminologie »empfangen« (gr. paralambanein) und »weitergeben« (gr. paradidonai) eingeführt wird (so auch in 1Kor 15,3). Paulus zitiert hier demnach eine frühchristliche Überlieferung über die Einsetzung des Herrenmahls durch Jesus selbst. Dass ihm verschiedene Überlieferungen über das Herrenmahl bekannt waren, zeigt sich dabei daran, dass er kurz zuvor eine weitere Tradition über das christliche Mahl anführt (1Kor 10,16). Die in 1Kor 11 zitierte Überlieferung gehört somit in ei- Prof. Dr. Jens Schröter, geboren 1961, 1998- 2003 Professor für Neues Testament am Fachbereich Evangelische Theologie der Universität Hamburg; seit 2003 Professor für Exegese und Theologie des Neuen Testamens an der Theologischen Fakultät der Universität Leipzig. Forschungsschwerpunkte: Kanonische und außerkanonische Jesusüberlieferung, Geschichte des Urchristentums, Apostelgeschichte, Rezeptionsgeschichte und Theologie des Neuen Testaments. Gegenwärtige Forschungsprojekte: Neuausgabe des Werkes »Neutestamentliche Apokryphen« von Edgar Hennecke und Wilhelm Schneemelcher unter dem Titel »Antike christliche Apokryphen« (gemeinsam mit Christoph Markschies); Theologie des Neuen Testaments; Kommentar zur Apostelgeschichte. Zahlreiche Veröffentlichungen zum Themenfeld »Jesus« - darunter: Erinnerung an Jesu Worte. Studien zur Rezeption der Logienüberlieferung in Markus, Q und Thomas (WMANT 76), Neukirchen-Vluyn 1997; Jesus und die Anfänge der Christologie. Methodologische und exegetische Studien zu den Ursprüngen des christlichen Glaubens (BThS 47), Neukirchen-Vluyn 2001; Jesus von Nazareth. Jude aus Galiläa - Retter der Welt (Biblische Gestalten 15), Leipzig 2006; Der historische Jesus. Tendenzen und Perspektiven der gegenwärtigen Forschung (BZNW 114), Berlin / New York 2002 (hrsg. von J. Schröter und R. Brucker). Jens Schröter 061607 ZNT 20 03.10.2007 7: 32 Uhr Seite 49 User: Steffen Hack Lpi: 175 Scale: 100% 50 ZNT 20 (10. Jg. 2007) Kontroverse nen weiteren Kontext urchristlicher Herrenmahlstraditionen u nd ist für Paulus eine Möglichkeit, die Bedeutung dieses Mahles zu verdeutlichen. Dass sich Paulus an den genannten Stellen stets auf den »Herrn« (gr. kyrios) bezieht, nirgends jedoch auf ein »Wort Jesu«, zeigt, dass er unter einem »Wort des Herrn« eine Lehre versteht, die durch den Auferstandenen und Erhöhten legitimiert ist - denn mit der Bezeichnung »Herr« kennzeichnet Paulus denjenigen, den die Gemeinde im Gebet als den zu Gott Erhöhten anruft (vgl. etwa Röm 10,9) - und durch seine Apostel und Propheten in verschiedenen Situationen konkretisiert wird. Es geht Paulus also nicht um eine wörtliche Weitergabe von Worten des irdischen Jesus. Er bedient sich vielmehr solcher Überlieferungen, hinter denen die Autorität des Herrn steht, die sich damit als Basis frühchristlicher Lehre erweist. Dass dazu auch solche Worte gehören, die auf den irdischen Jesus selbst zurückgehen, steht für Paulus außer Frage, ist aber nur deshalb von Bedeutung, weil der irdische Jesus zugleich der von Gott Auferweckte und Erhöhte ist. Dieser Befund wird dadurch unterstrichen, dass sich bei Paulus über die genannten expliziten Bezugnahmen auf den Herrn hinaus eine Vielzahl von Analogien zu den synoptischen Evangelien findet, die von ihm (wie auch in anderen frühchristlichen Schriften) nicht als Herrenworte angeführt werden. Auch dazu einige Beispiele. a) Das Wort vom »Dieb in der Nacht« in 1Thess 5,2 findet sich auch in 2Petr 3,10 und ähnlich in Offb 3,3; 16,15. b) In Lk 12,39 / / Mt 24,43; EvThom 21,5-7 erscheint die Metapher vom Dieb als ein von Jesus verwendetes Bild. Den Kontext bildet jeweils die Mahnung zur Wachsamkeit angesichts der Tatsache, dass der Zeitpunkt der Wiederkunft Jesu zum Gericht unbekannt ist. c) Die Aufforderung zum Friedenhalten in 1Thess 5,13 (vgl. Röm 12,18) wird in Mk 9,50 (vgl. Mt 5,9) als ein Gebot Jesu angeführt. d) Der Aufruf in 1Thess 5,15 / / Röm 12,17, Böses nicht mit Bösem zu vergelten, sowie die verwandte Ermahnung in Röm 12,14, Verfolger zu segnen und nicht zu verfluchen, begegnen ähnlich in Bergpredigt und Feldrede (Lk 6,28 / / Mt 5,44) sowie in 1Petr 3,9. Dem liegt ein Topos frühchristlicher Paränese zugrunde, der in den synoptischen Evangelien und in der Briefliteratur auf jeweils eigene Weise rezipiert wurde. e) Das Wort über die positive Haltung gegenüber den Feinden in Röm 12,20, das Paulus dort als Zitat aus Spr 25,21 anführt, begegnet in der synoptischen Tradition als das Gebot Jesu, die Feinde zu lieben (Lk 6,27.35 / / Mt 5,44). f) Die Aussage in Röm 14,14, dass nichts aus sich selbst unrein ist, besitzt eine Analogie in dem Wort Jesu in Mk 7,15 / / Mt 15,11: »Es gibt nichts, was von außen in den Menschen hineingeht, das ihn unrein machen könnte«. g) Das Wort über den Berge versetzenden Glauben aus 1Kor 13,2 findet sich ähnlich in Mk 11,22f. / / Mt 17,20 (vgl. Lk 17,6; EvThom 48.106). Der dargestellte Befund zeigt, dass es bereits vor der Entstehung der Evangelien einen frühchristlichen Überlieferungsbereich gab, der Worte des irdischen Jesus, vom Herrn autorisierte frühchristliche Lehre, Topoi jüdisch-hellenistischer Ethik sowie Schriftzitate umfasste. Innerhalb dieses Bereiches, aus dem sich das entstehende Christentum eine eigene Tradition schuf, die sich historisch mit der in Apg 2,42 erwähnten »Lehre der Apostel« in Verbindung bringen lässt, spielte die Unterscheidung zwischen »echten« Jesusworten und anderen Traditionen offenbar keine entscheidende Rolle. Wichtig war vielmehr, dass die frühchristliche Lehre insgesamt als in der Autorität des Herrn begründet betrachtet wurde. Dies ist auch der Grund, warum Paulus wie auch der 1. Petrusbrief, der Jakobusbrief und die Didache häufiger Formulierungen ohne expliziten Bezug auf Jesus verwenden können, die in den synoptischen Evangelien als Jesusworte erscheinen. Die Konsequenz daraus lautet, dass die Evangelien bei der Abfassung ihrer biographischen Jesuserzählungen die urchristliche Lehre, die zuvor als allgemeine katechetisch-paränetische Tradition überliefert worden war, insgesamt der Autorität des irdischen Jesus unterstellt haben. Die Autorität des irdischen Jesus war dabei darin begründet, dass er zugleich als erhöhter Herr ver- »Wichtig war vielmehr, dass die frühchristliche Lehre insgesamt als in der Autorität des Herrn begründet betrachtet wurde.« 061607 ZNT 20 03.10.2007 7: 32 Uhr Seite 50 User: Steffen Hack Lpi: 175 Scale: 100% ZNT 20 (10. Jg. 2007) 51 Jens Schröter Der erinnerte Jesus als Begründer des Christentums? ehrt wurde. Die Unterscheidung zwischen »authentischen« Jesusworten und anderem katechetischem Material war dagegen kein vordringliches Interesse und auch kein gravierendes Problem des frühen Christentums. Dies erklärt auch, warum in den synoptischen Evangelien »echte« Jesusworte neben solchen Überlieferungen stehen können, die in anderen Schriften als anonyme Tradition angeführt oder unter anderer Autorität zitiert werden. Methodisch folgt daraus, dass deutlicher, als dies bei Dunn geschieht, in Rechnung gestellt werden muss, dass wir bereits in den frühen Erinnerungen an Jesus auf einen Überlieferungsbereich stoßen, in dem sich »echte« Jesusworte mit weiteren Überlieferungen verbunden haben, die diese auf den Glaubens- und Lebenskontext der frühchristlichen Gemeinden hin auslegen. Die Autorität des irdischen Jesus ist dabei in seiner Auferweckung und Erhöhung begründet. Mit der Kategorie des »Eindrucks« (impact), die bei Dunn eine entscheidende Rolle für die Beschreibung des Zusammenhangs von Impulsen Jesu und deren Rezeption im frühen Christentum spielt, darf also nicht verundeutlicht werden, dass zu diesem impact eine Deutung des Wirkens Jesu im Licht der nachösterlichen Glaubensbekenntnisse untrennbar dazugehört. 2. Meine zweite Anfrage betrifft Dunns These, ein Jesus, der keinen Glauben geweckt habe, sei nicht vorstellbar. Bereits die Verwendung des Begriffes »Glaube« steht hier in der Gefahr, ein vielfältiges Spektrum von (in diesem Fall: positiven) Reaktionen auf Jesus zu vereinheitlichen, die in den frühchristlichen Schriften als vielfältiges Phänomen mit unterschiedlichen Akzentuierungen erscheinen. Gänzlich unberücksichtigt bleiben bei dieser Sicht zudem ablehnende und gleichgültige Reaktionen auf Jesus. Dass Jesus »Glauben geweckt« hat, ist jedoch nur eine Konsequenz seines Wirkens neben anderen (und zur Zeit seines irdischen Auftretens zweifellos nicht die am weitesten verbreitete). Historisch ebenso bedeutsam war, dass er Widerspruch und Ablehnung hervorgerufen hat. Auch dies ist im Neuen Testament erkennbar, etwa wenn Jesu jüdische Gegner oder solche Menschen in den Blick treten, die seinem Anspruch, in der Autorität Gottes zu wirken, ablehnend oder gleichgültig begegneten. Dazu zwei Beispiele: a) Die Beelzebul-Kontroverse, eine Markus und Q gemeinsame und demnach offenbar sehr alte Tradition, erwähnt Zeitgenossen Jesu, die die Überzeugung, er sei der Sohn Gottes und Träger des Geistes Gottes, nicht teilen. Seine Vollmacht über die Dämonen wird stattdessen auf Beelzebul, den Herrscher der Dämonen, zurückgeführt. Des Weiteren wird bei Markus im unmittelbaren Kontext dieser Episode die Familie Jesu erwähnt, die ihn für verrückt hält und ihn deshalb an seiner Wirksamkeit hindern will (Mk 3,21). Diese Episode macht deutlich, dass die exorzistische Praxis Jesu nicht automatisch positive Reaktionen hervorrief - geschweige denn »Glauben« -, sondern es sich um ein irritierendes, gerade nicht eindeutiges Phänomen handelte, das sehr unterschiedliche Bewertungen erfuhr. b) Ein zweites Beispiel: Des Öfteren wird davon berichtet, dass Jesus mit seinem Aufruf zur Umkehr sowie mit seiner Verkündigung des anbrechenden Gottesreiches keinen Erfolg hatte. In Mk 6,6 ist er verwundert über den Unglauben (gr. apistia) der Leute von Nazareth. In Lk (Q) 10,13- 15 werden Wehrufe Jesu über die galiläischen Dörfer Chorazin, Bethsaida und Kapernaum wegen ihrer Weigerung umzukehren überliefert. In Mk 4,10-12 wird ein innerer Kreis von Jüngern, der in die Geheimnisse des Reiches Gottes eingeweiht wird, von der Volksmenge unterschieden, die nur in Gleichnissen belehrt wird, deren tiefere Bedeutung ihnen jedoch verschlossen bleibt. Diese Texte reflektieren die Ablehnung oder Gleichgültigkeit, auf die Jesu Nachfolger bei ihrer Mission gestoßen sind. Historisch ist durchaus wahrscheinlich, dass sich darin auch vorösterliche Konstellationen der Ablehnung Jesu durch seine jüdischen Zeitgenossen widerspiegeln. Es gibt demnach in den Evangelien selbst Hinweise darauf, dass Jesus nicht nur Akzeptanz, Sympathie oder gar »Glauben« hervorgerufen, sondern auch Reaktionen ganz anderer Art ausgelöst hat - Reaktionen, die ebenfalls historisch erklärt werden müssen. Jesus nachzufolgen war also offenbar nur eine mögliche Form, auf sein Wirken zu reagieren - und zwar eine solche, zu der die meisten seiner Zeitgenossen offensichtlich nicht bereit waren. Es ist deshalb keineswegs unsachgemäß, sich einen Jesus vorzustellen, der keinen »Glau- 061607 ZNT 20 03.10.2007 7: 32 Uhr Seite 51 User: Steffen Hack Lpi: 175 Scale: 100% 52 ZNT 20 (10. Jg. 2007) Kontroverse ben geweckt« hat. Dunns Bemerkung »There is no such Jesus« (126) kann deshalb nicht überzeugen. Zu einer historischen Jesusdarstellung gehört auch, andere Reaktionen auf sein Wirken als diejenigen von Nachfolge und Glaube einzubeziehen und plausibel zu machen. Dabei ist zu bedenken, dass das, was das Neue Testament als »Glaube« bezeichnet, die Ausbildung der nachösterlichen Bekenntnisse bereits voraussetzt. Die Rede von einem »historischen Glauben«, der mit dem irdischen Jesus in Verbindung zu bringen sei, erscheint dagegen wenig plausibel. In diesem Zusammenhang ist auch auf die nichtkanonischen Texte hinzuweisen. Anders als in der neueren Forschung mitunter behauptet, sind diese Texte nicht deshalb von Interesse, weil sie uns zum »wirklichen Jesus« zurückführen würden. Diesbezüglich ist Dunns Einschätzung durchaus zuzustimmen. Die apokryphen Texte sind jedoch als Zeugnisse des Christentums des zweiten und dritten Jahrhunderts von Interesse, die eine Vielfalt von Anknüpfungen an Jesus zeigen, die über das Spektrum, welches das Neue Testament zu erkennen gibt, hinausgehen. Das Thomasevangelium etwa illustriert, auch wenn es in ein nachsynoptisches Stadium der Jesusüberlieferung gehört, die Vielfalt der Rezeptionen der Jesustradition und sollte deshalb nicht vorschnell mit Hinweis auf »die entwickelte Form des gnostischen Erlösermythos« (so Dunn, 164) beiseite geschoben werden. Ein solches Urteil ist schon von daher zu hinterfragen, als ein solcher Mythos für das Thomasevangelium nicht zu erweisen ist. Zudem sollte gerade ein Zugang, der auf dem Konzept des »erinnerten Jesus« basiert, Quellen wie das Thomasevangelium nicht zu schnell aus dem Bestand der für eine historische Darstellung zu berücksichtigenden Erinnerungen an Jesus ausschließen. Es ist durchaus möglich, dass auch eine Schrift wie das Thomasevangelium alte Überlieferungen enthält. Das kann nur im Einzelfall, jedoch nicht durch ein Pauschalurteil entschieden werden. Dunns Darstellung steht hier somit in der Gefahr, ein Jesusbild zu entwerfen, das sich stärker auf die kanonischen Schriften stützt, als es der Quellenbefund zulässt. 3. Meine dritte Anfrage bezieht sich auf das Problem, wie die Jesustradition in den ersten Jahrzehnten nach Jesu Tod überliefert wurde. Dunn beruft sich hierzu methodisch auf die Erforschung mündlicher Traditionsprozesse seit Johann Gottfried Herder sowie auf Kenneth Baileys Konzept der »informal controlled tradition«. Er stellt zu Recht heraus, dass die synoptische Tradition mit dem Modell literarischer Redaktion(en) nicht angemessen erklärt werden kann. Hinter den verschiedenen Versionen einer synoptischen Überlieferung seien vielmehr mündliche Fassungen anzunehmen, die zwar keinen fixierten Wortlaut besaßen, bei denen jedoch zwischen fixierten und variablen Elementen unterschieden werden könne (253). Dem ist zunächst durchaus zuzustimmen. Es dürfte unstrittig sein, dass ein ausschließlich literar(krit)isches Modell die Überlieferungsprozesse der frühen Jesustradition nur höchst unzureichend erfasst. Darüber hinaus wurde schon häufig darauf hingewiesen, dass für mündliche Traditionsprozesse die mehrfache Präsentation einer Überlieferung charakteristisch ist, die nicht mit der Unterscheidung von »Original« und davon abhängigen, sekundären Versionen beschrieben werden kann. Der formkritische Ansatz der Unterscheidung von »Tradition« von »Redaktion« ist hier also untauglich, weil er mit der Vorstellung literarischer »Schichten« arbeitet, die in einem analytischen Prozess voneinander separiert und in einer chronologischen Abfolge von Entwicklungsstufen eines Textes dargestellt werden könnten. Die Überlieferung der frühen Jesustradition kann mit einem solchen Modell, wie Dunn zu Recht bemerkt, nicht erfasst werden. Dessen ungeachtet sind an Dunns Beschreibung der Überlieferung und Verwendung der Jesusüberlieferung im Urchristentum einige kritische Fragen zu richten. Dunn spricht von den drei »Säulen«, Petrus, Jakobus und Johannes, als »apostolischen Wächtern«, die eine personale Kontinuität von der vorösterlichen Zeit bis zur Jerusalemer Gemeinde garantierten (180f.). Er verweist auf Stellen bei Paulus, im Jakobusbrief und im 1. Petrusbrief, um zu belegen, dass die Jesustradition in unterschiedlichen Überlieferungssträngen des frühen Christentums bewahrt und verwendet wurde. Schließlich nennt er das biographische Interesse der Verfasser der Evangelien, die die Erinnerungen an Jesus in Form biographischer Erzählungen bewahrt haben. 061607 ZNT 20 03.10.2007 7: 32 Uhr Seite 52 User: Steffen Hack Lpi: 175 Scale: 100% ZNT 20 (10. Jg. 2007) 53 Jens Schröter Der erinnerte Jesus als Begründer des Christentums? Einige Anfragen an dieses Bild sind in den vorangehenden Bemerkungen bereits zur Sprache gekommen. Hier sei Folgendes ergänzt: Die von Dunn gezeichnete Entwicklung des Christentums der ersten Jahrzehnte beruht im Wesentlichen auf der Darstellung der Apostelgeschichte. Die Kontinuität zwischen dem irdischen Jesus und der Jerusalemer Urgemeinde, die Aufnahme des Paulus in den Kreis der Zeugen der Jesustradition sowie die Fortsetzung der Geschichte Jesu durch die Entstehung der von den Aposteln geleiteten frühen Kirche - all dies sind substantielle Elemente des lukanischen Bildes der frühchristlichen Geschichte. Dabei ist nicht strittig, dass die Apostelgeschichte eine wichtige - oft sogar die einzig verfügbare - Quelle für Informationen über Personen, Ereignisse und Entwicklungen der ersten Jahrzehnte des Christentums ist. Gleichzeitig steht jedoch die Notwendigkeit einer kritischen Lektüre der Apostelgeschichte als historischer Quelle außer Frage. Die lukanische Beschreibung der Entwicklung von Jesu vorösterlichem Wirken zum nachösterlichen Zeugnis der Apostel kann nicht einfach einer historischen Darstellung zugrunde gelegt, sondern muss einer historisch-kritischen Analyse unterzogen werden. Es ist deshalb durchaus problematisch, wenn Dunn relativ unvermittelt von der Perspektive der Apostelgeschichte auf eine Kontinuität der historischen Entwicklung schließt, die angeblich von frühester Zeit an eine tragende Rolle gespielt habe (180). Eine kritische Lektüre der Apostelgeschichte führt zu einem differenzierteren Bild der Anfänge des Christentums. Die Hellenisten, Barnabas, Petrus, Paulus, Jakobus und Apollos sind vermutlich als urchristliche Autoritäten mit je eigenen Perspektiven auf das Wirken Jesu und sicher mitunter auch divergierenden Auffassungen über dessen Bedeutung zu betrachten. Zudem darf nicht übersehen werden, dass Lukas etliche Personen und Gemeinden der Frühzeit des Christentums überhaupt nicht erwähnt, die in anderen Schriften in den Blick treten. Es ist deshalb durchaus fragwürdig, wenn Dunn die Apostelgeschichte als Zeugin für einen »erinnerten Jesus« ins Feld führt. Das dabei entstehende vergleichsweise harmonische Bild einer Entwicklung von Jesus zu Paulus dürfte sich bei einer kritischen Lektüre der Apostelgeschichte differenzierter darstellen, als es bei Dunn den Anschein hat. Ich schließe mit einer grundsätzlichen Bemerkung zum Projekt des »historischen« oder »erinnerten« Jesus. Vielleicht ist die exegetische und theologische Forschung zu sehr auf den einen Impuls hinter den Texten und - analog dazu - auf den einen Text hinter den verschiedenen Manuskripten fixiert. Es könnte sich jedoch herausstellen, dass das Modell einer anfänglichen Pluralität von Erinnerungen, die nicht auf die eine »originale« Textversion hinter den Manuskripten, nicht auf den einen Jesus hinter den vielfältigen Erinnerungen und nicht auf den einen Ursprung der vielfältigen Ausprägungen christlichen Glaubens zurückgeführt wird, den Quellen angemessener ist. Historisch gesehen gab es natürlich den einen irdischen Jesus hinter den verschiedenen Erzählungen, die ihn als den »erinnerten Jesus« repräsentieren. Daraus folgt jedoch nicht notwendig, dass die Reduktion der vielfältigen Texte und Erinnerungen auf das eine Jesusbild - das mit dem tatsächlichen, irdischen Jesus ohnehin niemals zur Deckung zu bringen ist - uns der »Wirklichkeit« oder gar der »Wahrheit« über Jesus näherbringt. Der eine Jesus hinter den mannigfaltigen Jesuserzählungen - der »wirkliche Jesus« hinter den Erinnerungen, in denen sich sein Wirken bricht - ist im Zeitalter der historischen Kritik an die Stelle des neutestamentlichen Kanons getreten, der als göttlich inspirierte Schriftensammlung zuvor die Grundlage christlicher Glaubensgewissheit darstellte. Das Projekt »historischer Jesus« wird damit nicht grundsätzlich obsolet. Es sollte aber in einen weiteren theologischen, hermeneutischen und erkenntnistheoretischen Rahmen gestellt werden. James Dunns Jesusbuch ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung. l Anmerkungen 1 J.D.G. Dunn, Jesus Remembered (Christianity in the Making, Bd. 1), Grand Rapids 2003. 2 J.D.G. Dunn, Jesus Tradition in Paul, in: B. Chilton / C.A. Evans (Hgg.), Studying the Historical Jesus. Evaluations of the State of Current Research (NTTS 19), Leiden / New York / Köln 1994, 155-178. »Vielleicht ist die exegetische und theologische Forschung zu sehr auf den einen Impuls hinter den Texten und - analog dazu - auf den einen Text hinter den verschiedenen Manuskripten fixiert.« 061607 ZNT 20 03.10.2007 7: 32 Uhr Seite 53 User: Steffen Hack Lpi: 175 Scale: 100%
