eJournals ZNT – Zeitschrift für Neues Testament 16/31

ZNT – Zeitschrift für Neues Testament
znt
1435-2249
2941-0924
Francke Verlag Tübingen
0601
2013
1631 Dronsch Strecker Vogel

Editorial

0601
2013
Stefan Alkier
Eckart Reinmuth
Manuel Vogel
znt16310001
Zeitschrift für Neues Testament_31 typoscript [AK] - 13.03.2013 - Seite 1 - 2. Korrektur ZNT 31 (16. Jg. 2013) 1 Editorial Liebe Leserin, lieber Leser, das Politische, gar eine »neue Politik«, stand in der deutschsprachigen neutestamentlichen Wissenschaft lange Zeit nicht sonderlich hoch im Kurs. Erst die forcierte interdisziplinäre Ausrichtung neutestamentlicher Forschungsprojekte der letzten Jahre hat dem Gespräch mit Politologie und Politischer Philosophie erste Impulse gegeben, ebenso der beginnende Dialog mit den Sozial- und Kulturwissenschaften nach dem cultural turn. Langsam aber sicher wird die akademische Forschung historisch und geographisch ihres spezifisch europäischen Standpunktes gewahr und stößt dabei auf politische Lektüren des Neuen Testaments in gänzlich anderen kulturellen, sozialen und gesellschaftlichen Kontexten, Lektüren, die eigene Denk- und Deutungsweisen irritieren, aber stärker noch bereichern. Dass das Neue Testament politisch nicht stumm bleiben kann, versteht sich von selbst, sobald man den unaufgebbaren doppelten Bezug von Theologie und Kirche auf die Schrift und auf die je eigene Gegenwart in Rechnung stellt. Der Gegenwartsbezug ergibt sich aus dem Bekenntnis zu Gott als Schöpfer der Welt, ein Bekenntnis, das die Kirche notwendig in einen gesellschaftlichen und die Gesellschaft in einen globalen Kontext stellt. Der Schriftbezug, der zumal in den Kirchen der lutherischen Reformation in der Formel sola scriptura festgeschrieben ist, verweist die theologische Reflexion auf ihre eigenen historischen Anfänge, die im Schriftenkanon des Neues Testaments ihren literarischen Niederschlag gefunden haben. Zusammen mit Tora, Propheten und Schriften bildet das Neue Testament außerdem die zweiteilige christliche Bibel, die von der Schöpfung bis zur Apokalypse eine durch und durch politische Geschichte erzählt. Das Politische schlägt der Theologie also nicht nur aus ihrer Gegenwart entgegen, sondern auch aus der Bibel. Das vorliegende Heft soll dazu dienen, diese Bezüge noch stärker als bisher ins Bewusstsein zu rufen. Unter der Rubrik »Neues Testament aktuell« gibt Werner Kahl einen kundigen, informativen und anregenden Forschungsüberblick, der u. a. von gegenwärtigen Trends in der afrikanischen Exegese berichtet, der aber auch Schätze aus älterer deutschsprachiger Literatur hebt. In den drei Beiträgen »Zum Thema« gibt jeweils ein neutestamentlicher Text oder eine neutestamentliche Schrift die Richtung vor. Stefan Alkier bringt Texte des Matthäusevangeliums unter dem Leitbegriff »Frucht bringen« in wirtschaftswissenschaftliche und wirtschaftsethische Kontexte ein und unternimmt anhand von z.T. sehr konkreten Problemlagen eine kritische Auseinandersetzung mit ökonomischen Mechanismen der Gewinnmaximierung. Martin Ebner zeichnet anhand erhellender historischer und exegetischer Detailbeobachtungen die im Markusevangelium geführte Auseinandersetzung mit der römischen Machtpolitik der Kaiserzeit nach. Favorisiertes Gegenmodell ist im Markusevangelium ein Gesellschaftsmodell des Machtverzichts. Jesper Tang Nielsen trägt eine tiefgründige Auslegung des Gleichnisses vom Schalksknecht (Mt 18,21- 35) vor, die er unter Rückgriff auf Theorien der Gabe und Kierkegaards Begriff der Allmacht Gottes anhand des Gegensatzes einer Ökonomie der Gerechtigkeit und einer Ökonomie der Generosität entfaltet. Die Kontroverse, die von Wolfgang Stegemann und Jan Dochhorn bestritten wird, befasst sich abgewogen und differenziert mit der Frage, ob eine politische Auslegung des Neuen Testaments legitim ist. Unter der Rubrik »Hermeneutik und Vermittlung« ist mit der Täuferpredigt aus Lk 3 wiederum ein neutestamentlicher Text leitend. Heike Hötzinger erschließt politische Sinnpotentiale dieses Textes, indem sie seine kontextuellen und biblisch-theologischen Bezüge freilegt.Der Buchreport stellt, last but not least, einen gewichtigen neueren Beitrag zur Acta-Forschung vor, der auf die viel diskutierte Frage, wie sich der Verfasser des lukanischen Doppelwerkes gegenüber dem römischen Staat positioniert, eine so überraschende wie bestechende Antwort gibt. Liebe Leserin, lieber Leser, wir wünschen Ihnen nun eine anregende und ertragreiche Lektüre dieses neuen Heftes der ZNT. Stefan Alkier Eckart Reinmuth Manuel Vogel