ZNT – Zeitschrift für Neues Testament
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1435-2249
2941-0924
Francke Verlag Tübingen
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2017
2039-40
Dronsch Strecker VogelDie Zumutung der Schriftauslegung
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2017
Stefan Alkier
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Zeitschrift für Neues Testament Heft 39 / 40 20. Jahrgang (2017) Die Zumutung der Schriftauslegung Sola scriptura als ihr Grund legendes hermeneutisches und methodisches Prinzip Stefan Alkier 1. Zur Krise des Schriftprinzips und der Krise historisch-kritischer Hermeneutik Wenn sola scriptura als Schlagwort des reformatorischen Schriftprinzips biblizistisch oder dogmatisch eng geführt wird, hat es als Thema einer neutestamentlichen Zeitschrift, die der theologischen Aufklärung und Praxis der Gegenwart dienen möchte, nur wenig Plausibilität� Tatsächlich werden bereits seit Johann Salomo Semlers epochaler programmatischer Schriftenreihe, „Von Freier Untersuchung des Canon“ (Halle 1771-1775), immer wieder Stimmen protestantischer Theologen laut, die das reformatorische Schriftprinzip eher als unbrauchbar gewordenes Korsett einer vorurteilsfreien wissenschaftlichen Exegese ablehnen bzw� ignorieren� Was Walter Mostert dann aber 1979 für die Schriftauslegung Luthers konstatierte, lässt sich heute für das reformatorische Schriftprinzip sola scriptura wohl insgesamt feststellen: „Die Schriftauslegung Luthers spielt in der modernen Exegese keine wesentliche Rolle�“ 1 Schon 1964 hatte Gerhard Ebeling mit Blick auf das Konzept sola scriptura festgestellt: „Obwohl es die reformatorische Antwort ist, steht sie heute doch auf evangelischer Seite in Frage�“ 2 1 W� Mostert, Scriptura sacra sui ipsius interpres� Bemerkungen zu Luthers Verständnis der Heiligen Schrift, in: W. Mostert, Glaube und Hermeneutik, Tübingen 1998, 9-41, hier: 9. 2 G� Ebeling, „Sola scriptura“ und das Problem der Tradition, in: ders�, Wort Gottes und Tradition� Studien zu einer Hermeneutik der Konfessionen, Kirche und Konfession 7, Göttingen 1964, 91-143, hier: 91. 8 Stefan Alkier Friedemann Stengel zieht neuerdings sogar in Zweifel, ob das so genannte reformatorische Schriftprinzip überhaupt auf die Reformatoren des 16� Jahrhunderts zurückgeht, oder nicht vielmehr eine dogmatische Erfindung sei als „vielleicht des zentralen Wesensmerkmals des Protestantismus im 19� Jahrhundert�“ 3 Wenn wir Herausgeber der Zeitschrift für Neues Testament mit dem vorliegenden Heft aber genau die Frage zum Thema erheben, welche Relevanz heutige Neutestamentlerinnen und Neutestamentler einem Konzept wie sola scriptura in ihrer wissenschaftlichen Arbeit zukommen lassen, dann verweist dies weniger auf eine gemeinsame theologiegeschichtliche, methodische oder theologische Position der Herausgeber, als vielmehr auf deren gemeinsamer hermeneutischer Überzeugung, dass die Reflexion darauf, was sola scriptura heute heißen kann, von erheblicher Bedeutung für die hermeneutische und theologische Selbstverständigung und Selbstaufklärung gegenwärtiger Exegese im Allgemeinen und Evangelischer Theologie im Besonderen ist� Wenn sola scriptura keine hermeneutische Grundorientierung evangelischer Schriftauslegung anzeigt, gibt es dann überhaupt so etwas wie eine Leitperspektive protestantischer Exegese, die sich wie die Reformatoren des 16� Jahrhunderts bei allen Differenzen und strittigen Fragen unter einer hermeneutischen Perspektive auf die Bibel als alleinigen normativen und Grenzen der Auslegung setzenden Bezugsgrund theologischer Interpretationen versammeln konnten? Hat sich die Mehrheit protestantischer Exegetinnen und Exegeten nicht längst von der theologischen Motivation der Reformation des 16� Jahrhunderts verabschiedet und sich weitgehend in literatur-, religions- und sozialgeschichtlichen Diskursen eine konfessionslose Heimat oder gar eine theologiefreie Zone gesucht? Kann man den selbstkritischen Optimismus heute wirklich noch teilen, den Ebeling im schon oben zitierten Aufsatz so formulierte: „Was die Vielgestaltigkeit des Protestantismus als Gemeinsames verbindet, ist, sofern man von der geschichtlichen Herkunft und der Antithetik gegen Rom als gestaltenden Faktoren einmal absieht, weniger ein bestimmter dogmatischer Lehrgehalt als das im Prinzip durchweg festgehaltene, wenn auch sehr verschieden verstandene und gehandhabte, auf den Zusammenhang mit der reformatorischen Grunderkenntnis meist nicht recht bedachte, aber doch bestimmte sachliche Konsequenzen für das Verständnis des Glaubens in sich schließende sola scriptura. “ 4 Gilt dieses „Gemeinsame“ für die gegenwärtige protestantische Schriftauslegung in Universitäten, Kirchen und Schulen der deutschsprachigen Länder? Und sind 3 F� Stengel, Sola Scriptura im Kontext� Behauptung und Bestreitung des reformatorischen Schriftprinzips (THLZ�F 32), Leipzig 2016, 26� 4 Ebeling, a� a� O�, 137� Die Zumutung der Schriftauslegung 9 international gesehen z� B� diejenigen us-amerikanischen protestantischen Kirchen, die Donald Trump maßgeblich zur politischen Macht verholfen haben und ihn in ihrer großen Mehrheit auch nach seiner Wahl immer noch unterstützen, nicht gerade einflussreiche Gestalten des Protestantismus ohne kritisches Schriftprinzip? Eine der mit diesem Jubiläumsheft gestellte Frage lautet also: Gibt es im Jahr des 500jährigen Reformationsjubiläums so etwas wie eine kollektive Identität protestantischer Schriftauslegung? Und wenn diese Frage - wie mir scheint - in der Gegenwart zu verneinen ist, sollte grundsätzlicher gefragt werden: Gibt es überhaupt eine protestantische Schriftauslegung bzw� sollte es eine protestantische Schriftauslegung geben? Wenn es aber keine protestantische Schriftauslegung gibt und wenn es darüber hinaus auch keine geben sollte - was freilich nicht meine Position ist -, dann hätte das erhebliche Konsequenzen für das Selbstverständnis, die Konzeption und den Sachgrund für den Bestand evangelisch-theologischer universitärer Einrichtungen 5 und auch für die Frage nach einem konfessionellen evangelischen Religionsunterricht� Ebelings Konstatierung kollektiver Identität protestantischer Schriftauslegung, die sich der Geltung des reformatorischen Schriftprinzips verdanke, trifft jedenfalls schon kaum noch für Johann Salomo Semler zu, der den Kanon für einen machtpolitisch begründeten Irrtum des zur römischen Staatsreligion gewordenen Christentums hielt� 6 In Abgrenzung zu den verschiedenen Spiel- 5 Vgl� St� Alkier / H�-G� Heimbrock, (Hg�), Evangelische Theologie an Staatlichen Universitäten: Konzepte und Konstellationen Evangelischer Theologie und Religionsforschung, Göttingen 2010� 6 Vgl� St� Alkier, Urchristentum� Zur Geschichte und Theologie einer exegetischen Disziplin (BHTh 83), Tübingen 1993, 44� Vgl� auch ders�, Unerhörte Stimmen - Bachtins Konzept der Dialogizität als Interpretationsmodell biblischer Polyphonie, in: M� Köhlmoos / M� Wriedt Prof. Dr. Stefan Alkier ist seit 2001 Professor für Neues Testament und Geschichte der Alten Kirche am Fachbereich Evangelische Theologie der Goethe-Universität Frankfurt / Main� 2009 erschien im Francke-Verlag als NET 12 seine Monographie: Die Realität der Auferweckung in, mit und nach den Schriften des Neuen Testaments� 2010 erschien wieder im Francke Verlag sein Lehrbuch: Neues Testament, UTB Basics� Er ist seit Heft 1 der ZNT einer ihrer drei geschäftsführenden Herausgeber� Seit 2008 gibt er zudem den neutestamentlichen Teil des bibelwissenschaftlichen Internetlexikons www� wibilex�de heraus� 10 Stefan Alkier arten der Inspirationslehren urteilte Semler: „Es war eine unnütze Demonstration, dass man alle Bücher, der ganzen Bibel, und des Neuen Testaments, in ein homogenes Ganze verwandelte; und den daseienden localen Unterschied also wieder wegschmelzte�“ 7 Auch die am Paradigma der Geistesgeschichte orientierte historische Kritik des bedeutendsten Neutestamentlers und Kirchenhistorikers des 19� Jahrhunderts, Ferdinand Christian Baur, die er zwischen 1830 und 1860 ausarbeitete, wird man kaum einem Konzept von sola scriptura zuordnen können� 8 Baur hatte nicht als Erster den Kanon destruiert� Er sah wie alle anderen kritischen Theologen nach Semler dessen historisch-analytische Ergebnisse prinzipiell als unstrittig an, war aber mit der bloßen Konstatierung der radikalen Diversität christlicher Optionen, wie sie Semler vorschwebte, gerade nicht einverstanden� Baur ersetzte den von Semler destruierten Zusammenhang des Kanons durch einen dialektisch konstruierten Zusammenhang der Geschichte des Christentums von seinen Anfängen bis zur Gegenwart� 9 Bei aller Kritik an Baur wurde dessen entwicklungsgeschichtlicher Ansatz bis heute zum leitenden Paradigma historisch-kritischer Exegese, freilich mit anderen oder überwiegend sogar mit keinerlei ausgewiesenen geschichtsphilosophischen Begründungen, die dann implizit aber umso wirksamer sind� 10 Die Ablehnung der Geltung des Kanons wurde geradezu zum Markenzeichen historisch-kritischer Exegese, wie es mit protestantischem Pathos 1897 William Wrede formulierte: „Wer also den Begriff des Kanons als feststehend betrachtet, unterwirft sich damit der Autorität der Bischöfe und Theologen jener Jahrhunderte� Wer diese Autorität in anderen (Hg�), Wahrheit und Positionalität, Kleine Schriften des Fachbereichs Evangelische Theologie der Goethe-Universität Frankfurt am Main 3, Leipzig 2012, 45-70. 7 J� S� Semler, Lebensbeschreibung von ihm selbst abgefaßt I, Halle 1781, 282� 8 Vgl� D� Lincicum, Ferdinand Christian Baur and the Theological Task of New Testament Introduction, in: M� Bauspiess / Chr� Landmesser / D� Lincicum (Hg�), Ferdinand Christian Baur und die Geschichte des frühen Christentums (WUNT 333), Tübingen 2014, 91-105. 9 Diese Zusammenhänge habe ich ausführlich dargestellt in meiner Dissertation: S� Alkier, Urchristentum, a� a� O� Zum kaum zu überschätzenden Einfluß Semlers auf die Geschichte der historisch-kritischen Exegese vgl� schon J� G� Eichhorn, ’Johann Salomo Semler’, in: Allgemeine Bibliothek der biblischen Litteratur, 5. Vol. 1. Stück, Leipzig 1793, 1-183; vgl. auch M� Schröter, Aufklärung durch Historisierung� Johann Salomo Semlers Hermeneutik des Christentums, Hallesche Beiträge zur Europäischen Aufklärung 44, Berlin / Boston 2012� 10 Vgl� zur Problematik der geschichtsphilosophischen Implikationen neutestamentlicher Wissenschaft E� Reinmuth, Neutestamentliche Historik, Probleme und Perspektiven (THLZ�F 8), Leipzig 2003; Chr� Strecker, Das Gewesene, das Fremde und die Exegese� Die jüngeren Grundlagendebatten in Geschichtswissenschaft und Kulturanthropologie und ihre Bedeutung für die biblische Wissenschaft, in: Kontexte der Schrift II� Kultur, Politik, Religion, Sprache - Text, W� Stegemann zum 60� Geburtstag, hg� v� Christian Strecker, Stuttgart 2005, 120-131. Die Zumutung der Schriftauslegung 11 Dingen nicht anerkennt - und kein evangelischer Theologe erkennt sie an -, handelt folgerichtig, wenn er sie auch hier in Frage stellt�“ 11 So wird man wohl eher schon Wolfhart Pannenbergs Analyse der Situation zustimmen müssen, die er 1962 wie folgt formulierte: „Die Auflösung der Lehre von der Schrift bildet die Grundlagenkrise der modernen evangelischen Theologie�“ 12 Umstritten hingegen bleibt aber die von ihm formulierte Alternative: „Die ‚Sache’ der Schrift, die Luther im Sinne hatte, nämlich Person und Geschichte Jesu, ist für unser historisches Bewußtsein nicht mehr in den Texten selbst zu finden, sondern muß hinter ihnen erschlossen werden� Dadurch ist für die Theologie die Frage entstanden, was nun eigentlich als theologisch maßgeblich zu gelten hat, die biblischen Texte oder die hinter ihnen zu erschließende Geschichte� Das ist in der evangelischen Theologie bekanntlich heute noch und wieder umstritten�“ 13 Zu hinterfragen ist aber das Verständnis von sola scriptura , das deren Kritiker wie Pannenberg als „Schriftpositivismus“ 14 gründlich missverstehen und wie etwa dessen Schüler Falk Wagner 15 als unvereinbar mit „der“ Aufklärung und Jörg Lauster 16 als unvereinbar mit „dem“ modernen historischen Denken verabschieden wollen� Dass die Ersetzung des Schriftprinzips durch systematischtheologische Ideen dramatische Konsequenzen mit sich bringt, wird schon deutlich an der Verabschiedung des Alten Testaments als unverzichtbarer Be- 11 W� Wrede, Über Aufgabe und Methode der sogenannten Neutestamentlichen Theologie (1897), in: G� Strecker (Hg�), Das Problem der Theologie des Neuen Testaments (WdF 367), Darmstadt 1975, 81-154, hier: 85. 12 W� Pannenberg, Die Krise des Schriftprinzips, in: ders�, Grundfragen systematischer Theologie� Gesammelte Aufsätze, Göttingen 3 1979, 11-21, hier: 13. Vgl. die wegweisende Kritik an solcher Diastase von E� Güttgemanns, „Text“ und „Geschichte“ als Grundkategorien der Generativen Poetik� Thesen zur aktuellen Diskussion um die „Wirklichkeit“ der Auferstehungstexte, LingBib 11 (1972), 1-12. 13 Pannenberg, a� a� O�, 15 f� 14 Pannenberg, a� a� O�, 12� Vgl� zur Kritik an Pannenberg und Wagner, Chr� Schwöbel, Sola Scriptura - Schriftprinzip und Schriftgebrauch, in: U�Heckel u� a� (Hg�), Luther heute� Ausstrahlungen der Wittenberger Reformation, Tübingen 2017, 1-27, insbes. 20 f. 15 Vgl� F� Wagner, Auch der Teufel zitiert die Bibel� Das Christentum zwischen Autoritätsanspruch und Krise des Schriftprinzips, in: R� Ziegert (Hg�), Die Zukunft des Schriftprinzips (Bibel im Gespräch 2), 1994, 236-258. 16 Vgl� J� Lauster, Prinzip und Methode� Die Transformation des protestantischen Schriftprinzips durch die historische Kritik von Schleiermacher bis zur Gegenwart, Tübingen 2004� 12 Stefan Alkier standteil der Bibel von der spätantiken Gnosis bis zur frühromantischen Gnosis Friedrich Schleiermachers 17 und zur „aufgeklärten“ Gnosis Falk Wagners� 18 Mittlerweile ist aber der Universalitätsanspruch historisch-kritischer Hermeneutik und Methodik selbst fraglich geworden angesichts der komplexen Fragestellungen und Perspektiven, die der linguistic turn in diversen Neuansätzen, Umformungen und Weiterbildungen exegetischer Theoriebildung und Methodik hervorbrachte, 19 so dass die gegenwärtige exegetische Situation eher noch unübersichtlicher geworden ist als zu Pannenbergs Zeiten� Lieb gewordene Gewissheiten historisch-kritischer Exegese sind brüchig geworden� Längst hat die Zwei-Quellen-Hypothese - das Flaggschiff deutscher historischer Kritik des ausgehenden 19� Jahrhunderts - ihren Nimbus als einzig evidente Theorie der literaturgeschichtlichen Erklärung der Abhängigkeitsverhältnisse der synoptischen Evangelien verloren, 20 wird die Existenz einer Quelle „Q“ immer fraglicher, und von einem Konsens in der Rekonstruktion einer Geschichte des Frühen Christentums kann insgesamt nicht mehr die Rede sein� 21 In der alttestamentlichen Wissenschaft hat man nicht nur längst den „Abschied vom 17 Vgl� St� Alkier, Das Neue Testament im Kreis der theologischen Fächer� Neutestamentliche Wissenschaft als Beitrag zur Erschließung eines evangelischen Wirklichkeitsverständnisses, in: M� Buntfuß / M� Fritz (Hg�), Fremde unter einem Dach? Die theologischen Fächerkulturen in enzyklopädischer Perspektive (TBT 163), Berlin / Boston 2014, 43-67, insbes. 54-57. 18 Vgl� zur Kritik an Falk Wagners geistesgeschichtlich simplizistischem Verständnis der Aufklärung F� Stengel, Sola Scriptura im Kontext� Behauptung und Bestreitung des reformatorischen Schriftprinzips (THLZ�F 32), Leipzig 2016, 14 f� 19 Vgl� z� B� E� Güttgemanns, Fragmenta semiotico-hermeneutica� Eine Texthermeneutik für den Umgang mit der Hl� Schrift, Bonn 1983; The Bible and Culture Collective, The Postmodern Bible, Yale UP 1995; dazu meine Rezension in: ZNT 3 (1999), 63-66; St. Alkier / R� Brucker (Hg�), Exegese und Methodendiskussion (TANZ 23), Tübingen [u� a�] 1998; St�D� Moore, F� F� Segovia, Postcolonial Biblical Criticism� Interdisciplinary Intersections, London / New York 2005; Chr� Strecker (Hg�), Kontexte der Schrift II: Kultur, Politik, Religion, Sprache - Text� Wolfgang Stegemann zum 60� Geburtstag, Stuttgart 2005� 20 Vgl� dazu D� Laird Dungan, A History of the Synoptic Problem� The Canon, the Text, the Composition and the Interpreting of the Gospels, New Haven / London 2009; F� Watson, Gospel Writing� A Canonical Perspective, Grand Rapids, Michigan / Cambridge U� K� 2013; M� Müller / H� Omerzu, Gospel Interpretation and the Q-Hypothesis, 2017 (im Druck)� 21 Vgl� u� a� die Kontroverse zwischen J� D� G� Dunn und T� Nicklas, Parting(s) of the ways? ZNT 37, Themenheft Perspektiven des Jüdischen (2016), 47-57. Vgl. auch St. Alkier / H. Leppin (Hg�), Religiöse Inklusion und Exklusion im römischen Kleinasien (WUNT), Tübingen 2017 (im Druck)� Dieser Band stellt die Frage, ob man überhaupt von einem „Christentum“ im 1� Jh� n� Chr� sprechen kann und ob nicht schon die Trias von Juden, Christen und Heiden eine christliche Positionierung in die Texte und Artefakte des 1� Jh� n� Chr� hineinprojiziert, die der Vielfalt religiöser Kombinatorik, wie sie in den überlieferten Texten zu finden ist, gerade nicht gerecht wird� Die Zumutung der Schriftauslegung 13 Jahwisten“ 22 verkündet, sondern zeigt sich in den historischen Verortungen der alttestamentlichen Schriften so uneins wie lange nicht mehr, so dass die Fixierung auf die so umstrittene Literaturgeschichte zu einem erheblichen theologischen Relevanzverlust der alttestamentlichen Wissenschaft geführt hat� Der Eindruck steht im Raum, dass der alttestamentliche Diskurs leidenschaftlicher über die je eigenen hypothetischen Datierungen als über den Inhalt der alttestamentlichen Texte debattiert� Man muss heute nicht nur von einer „Krise des Schriftprinzips“, sondern ebenso von einer „Krise historisch-kritischer Exegese“ sprechen� Aber nicht nur das Zerbrechen ehemaliger Gewissheiten und die Disparatheit der Diskurse, sondern mehr noch die folgenreiche internationale Pluralisierung bibelwissenschaftlicher Ansätze erzeugt den Eindruck einer Beliebigkeit der Methoden, Ansätze und Interpretationen, die einhergeht mit einem erstaunlich weit verbreiteten theologischen Desinteresse und der damit einhergehenden Ausblendung normativer Probleme auch in der exegetischen Arbeit an Evangelischtheologischen Fakultäten und anderen Evangelisch-theologischen Institutionen� Kann die kritische Rückbesinnung auf das reformatorische Schriftprinzip in der gegenwärtigen pluralistischen Situation neue Impulse für die exegetische Arbeit setzen, die der Diastase zwischen universitärer Unverbindlichkeit im Zeichen eines beliebigen Methodenpluralismus und verbindlicher gottesdienstlicher Verkündigung der Heiligen Schrift als Wort Gottes entgegenwirken kann? Wenn sola scriptura als hermeneutisches und methodisches Konzept zu begreifen ist und nicht als dogmatische Gängelung der Freiheit von Forschung und Lehre, müsste zumindest geklärt werden, worauf dieses Konzept zielt und wo seine Stärken und Schwächen liegen� Ist es unter den Bedingungen gegenwärtiger wissenschaftlicher Standards reformulierbar mit dem Potential, die immer noch - aber auch hierzulande bröckelnde - vorherrschende historistische Engführung der Bibelwissenschaften zu überwinden, die die Bibel doch eher zu einem hübschen Museumsstück erklärt und damit domestiziert� Kann die Bibel auf neue Weise wissenschaftlich reflektiert als Quell von Wahrheit mit Zukunftsperspektiven begriffen werden, dessen widerständiges Denken zum Grund-legenden Umdenken ( metanoia ! ) führt, und gerät damit ihre kritische, prophetische Dimension endlich wieder in den Blick? Hält nicht gerade das sola die Notwendigkeit der normativen Frage wach, wie die Schrift gewordene Überlieferung als lebendiges Wort Gottes in der Verkündigung der Kirche und darüber hinaus wirken kann? Könnte die Orientierung am sola scriptura nicht 22 J� Christian Gertz / K� Schmid / M� Witte (Hg�), Abschied vom Jahwisten� Die Komposition des Hexateuch in der jüngsten Diskussion (BZAW 315), Tübingen 2002� 14 Stefan Alkier doch so etwas wie eine kollektive Identität evangelischer 23 Schriftauslegung zumindest vorstellbar machen, wenn auch lediglich als aspirierte Identität? 24 Das alles sind offene Fragen, die keine leichtfertig dahingeworfenen Antworten vertragen� Man wird sich mit den Texten der Reformatoren wieder - bzw� endlich - selbst auseinandersetzen müssen, aber auch mit den hermeneutischen, methodologischen und kanontheologischen Entwürfen und Wissensbeständen vor der Reformation bis zurück in die entstehende alte Kirche und damit bis hinein in die Schriften des Neuen Testaments selbst� 25 Wenn wir sola scriptura zum Thema des ersten Doppelbandes in der nun zwanzigjährigen Geschichte der Zeitschrift für Neues Testament erklären, möchten wir damit anzeigen, dass die Rückbesinnung der exegetischen Arbeit an theologischen Einrichtungen auf die Fragehorizonte und Probleme, die das Konzept sola scriptura in den Blick genommen hat, nicht nur von rezeptionsgeschichtlicher Bedeutung ist und auch über die - notwendige - Verständigung über eine strittige kollektive Identität protestantischer Exegese weit hinausgeht� Sie ist vielmehr von dauerhafter Relevanz für die Theologie der Heiligen Schrift und ihrer Schriften und die damit verbundenen normativen, hermeneutischen, methodologischen und historischen Probleme über die konfessionellen Prägungen hinaus� Aber worum geht es bei diesem protestantischen Schlagwort? Meine These lautet: Sola Scriptura verweist bei Martin Luther nicht nur auf den Primat der Heiligen Schrift, sondern auf die unhintergehbare Notwendigkeit und ebenso auf die Möglichkeit der Auslegung der Heiligen Schrift durch jeden wohlwollenden Rezipienten� Sola Scriptura steht für die Zumutung und die Unhintergehbarkeit der Interpretation und zugleich für die Unverfügbarkeit des Wortes Gottes � 2. Sola Scriptura-- hermeneutische, methodologische und theologische Skizzen Im Folgenden möchte ich zumindest mit einigen Skizzen konkretisieren, worin ich die zukunftsweisende Relevanz von sola scriptura sehe mit Blick auf eine 23 Vgl� dazu St� Alkier, Evangelisch - Katholisch - Orthodox� Evangelische Theologie aus neutestamentlicher Perspektive, in: H� Schulz (Hg�), Evangelische Theologie� Eine Selbstverständigung in enzyklopädischer Absicht, Kleine Schriften des Fachbereichs Evangelische Theologie der Goethe-Universität Frankfurt am Main 7, Leipzig 2016, 54-75. 24 Vgl� dazu St� Alkier, Identitätsbildung im Medium der Schrift, in: Marianne Grohmann (Hg�), Identität und Schrift� Fortschreibungsprozesse als Mittel religiöser Identitätsbildung (BThST 169), Göttingen 2017, 105-161. 25 Vgl� M� Öhler / F� Wilk (Hg�), Paulinische Schriftrezeption� Grundlagen - Ausprägungen - Wirkungen - Wertungen (FRLANT 268), Göttingen 2017� Die Zumutung der Schriftauslegung 15 gleichermaßen hermeneutisch, methodologisch und theologisch reflektierte Schriftauslegung in universitären, schulischen, kirchlichen und gesellschaftlichen Kontexten� 2.1. Sola Scriptura und der kirchenrechtliche Primat der Heiligen Schrift Aufbauend auf die nach wie vor unverzichtbare Arbeit von Friedich Kropatschek 26 zur Vorgeschichte des reformatorischen Schriftprinzips hat Hermann Schüssler in einer detaillierten Studie das Konzept von sola scriptura in die Diskussionen um den Primat der Heiligen Schrift im Spätmittelalter 27 eingezeichnet� Er konnte zeigen, dass diese kontrovers geführte Debatte maßgeblich in den kirchenrechtlichen Diskursen verortet war, die die Verhältnisse der Autoritäten insbesondere von Heiliger Schrift, Tradition und kirchlichem Lehramt zu klären versuchten, wenn diese Autoritäten nicht übereinstimmten� Volker Leppin hat jüngst auf dieser Basis nochmals ins Bewusstsein gerufen, dass Luthers Schrift assertio omnium articulorum von 1520, in der die Wortzusammenstellung sola scriptura von Martin Luther wohl erstmals konzeptionell verwendet wird, 28 doch auch als Reaktion auf die Bannandrohungsbulle zu begreifen ist - was ja schon der vollständige Titel 29 der assertio anzeigt -, weil sie im Kontext eines Rechtsstreits abgefasst wurde� 30 Zweifellos sind diese rechtsgeschichtlichen Zusammenhänge von großer Bedeutung, wenn man die protestantische Schriftlehre in ihrer historischen 26 F� Kropatscheck, Das Schriftprinzip der lutherischen Kirche I� Die Vorgeschichte� Das Erbe des Mittelalters, 1904� 27 H� Schüssler, Der Primat der Heiligen Schrift als Theologisches und kanonistisches Problem im Spätmittelalter, Veröffentlichungen des Instituts für europäische Geschichte Mainz 86, Wiesbaden 1977� 28 „Sola Scriptura“ ist keine Begriffsbildung Luthers, wie folgendes Zitat von Johannes von Staupitz in den Tübinger Predigten, Sermo 31, Z� 141 zeigt: „Facies […] domini, id est aspectus divinitatis, in praesenti ambulantibus adhuc in spe et fide in sola scriptura sacra ostenditur“� Luther bezog sich nach eigenen Ausführungen aber nicht auf Staupitz sondern in der Sache auf Jodocus Trutfetter, vgl WA� B 1,Nr� 74� Ich danke für diese Hinweise Tim Lorentzen� 29 M� Luther, Assertio omnium articulorum Martini Lutheri per bullam Leonis X� novissimam damnatorum / Wahrheitsbekräftigung aller Artikel Martin Luthers, die von der jüngsten Bulle Leos� X verdammt worden sind (1520), in: Martin Luther, lat�-dt� Studienausg. 1: Der Mensch vor Gott, hg. v. W. Härle, Leipzig 2006, 71-217, hier: 73. 30 V� Leppin, Differenz oder Harmonie� Die Herausbildung der konfessionellen Unterschiede im Schriftverständnis vor spätmittelalterlichem Hintergrund, (JBTh) 2016 (im Druck), vertritt die Hypothese, „dass die starke Entgegenstellung der Schrift zur Tradition ihren stärksten Anhalt in der Kanonistik des späten Mittelalters hatte und zunächst auch von hier aus in der reformatorischen Bewegung aufgenommen wurde�“ Ich danke Volker Leppin dafür, dass er mir das Mansukript seines im Druck befindlichen Aufsatzes zur Verfügung gestellt hat� 16 Stefan Alkier Genese nachzeichnen möchte� Sola scriptura lediglich als eine spezifische Form der Lehre vom Primat der Heiligen Schrift aufzufassen, greift aber zu kurz� Die These vom Primat der Heiligen Schrift hätte kaum das Tridentinum veranlasst, da sie mit der römisch-katholischen Kirchenlehre durchaus im Einklang steht� 31 Sola scriptura führt aber zur Differenz im Kirchenbegriff, 32 weil es dem Lehramt den Primat und erst Recht das Monopol der Auslegung prinzipiell abspricht� Luthers sola scriptura formuliert nämlich eine radikale Institutionenkritik� Die Wahrheitsfrage als Frage nach der richtigen Auslegung der Heiligen Schrift wird im Konzept von sola scriptura überhaupt nicht mehr von einer Institution beantwortet, sei es eine kirchliche oder eine politische Institution� Vielmehr wird sie von der Institution in das Gewissen des Menschen verlagert� Das darf aber nicht mit einer Subjektivierung der Wahrheit verwechselt werden� Das Individuum entscheidet bei Luther ja nicht subjektivistisch über die Wahrheit, vielmehr bringt Luther es als den Ort der Wahrheitsfrage zur Geltung, an dem sich entscheidet, ob die objektive Wahrheit des Wortes Gottes zur existentiellen Erfahrung wird, so dass die rezipierende Existenz zu einer vom Wort neu geschaffenen Existenz wird� Nicht nur die Kirche ist nach Luther creatura verbi , sondern jeder Glaubende wird durch das verwandelnde Wort Gottes zum neuen Geschöpf (vgl� schon Gal 6,15) - und genau das ist die Grundlage für das „Priestertum aller Gläubigen“� 33 Ob Luther selbst klar war, dass er mit dieser Verlagerung der Wahrheitsfrage vom institutionellen Ort in den Ort des jeweiligen Gewissens eine in seiner theologischen wie politischen Bedeutung kaum zu überschätzende Institutionenkritik geleistet hat, die Grundfesten mittelalterlicher Denkstrukturen zum Einstürzen brachte, müssen seine Biographen diskutieren� Für die Gegenwart und Zukunft der Schriftauslegung bleibt aber festzuhalten, dass diese Frage von grundsätzlicher Bedeutung bleibt� Sie impliziert nämlich in ihrer Radikalität, dass auch nicht die Universitäten der Gegenwart und Zukunft der Ort der Wahrheitsfrage sind, und sie sich deswegen auch nicht so präsentieren dürfen� Das Lehramt, das Luther mit seiner Institutionenkritik im Blick hatte, war der Klerus mit dem Papst an der Spitze� In heutiger Perspektive muss darüber diskutiert werden, ob sich die Professionalisierung der Schriftauslegung nicht an die Stel- 31 Vgl� dazu K� Rahner, Heilige Schrift und Tradition, in: ders�, Schriften zur Theologie VI, Neuere Schriften, Einsiedeln [u. a.] 1965, 121-138. 32 Vgl� zum gegenwärtigen Stand des römisch-katholischen Schriftverständnisses das online gestellte Papier der päpstlichen Bibelkommission: (http: / / www�vatican�va/ roman_curia/ congregations/ cfaith/ pcb_documents/ rc_con_cfaith_doc_19930415_interpretazione_ ge�html ) 33 Vgl� dazu: V� Leppin, Priestertum aller Gläubigen� Amt und Ehrenamt in der lutherischen Kirche, in: Luther heute, a. a. O., 149-169. Die Zumutung der Schriftauslegung 17 le des Klerus gesetzt hat und nun in strukturell vergleichbarer Weise als Ort der Wahrheitsfrage stilisiert wird und teils explizit, teils implizit beansprucht, nur wissenschaftliche, d� h� universitäre Bibelauslegung könne die Heilige Schrift „richtig“ verstehen� Meine These lautet, dass die Professionalisierung der Schriftauslegung den Zaun um die Bibel neu errichtet hat, den Luther mit seinem institutionenkritischen Ansatz von s ola scriptura niederreißen wollte� Nicht wenige Pfarrerinnen und Pfarrer und wohl noch mehr Lehrerinnen und Lehrer sind von der Fehleinschätzung betroffen, dass sie selbst gar nicht oder nicht ausreichend die Kompetenz zur Schriftauslegung haben, weil sie gar nicht oder nicht gut genug Griechisch und Hebräisch beherrschen, kaum Zeit finden, exegetische Fachliteratur zu lesen und nicht über die wissenschaftlich-methodischen Kompetenzen verfügen, die Bibel „wissenschaftlich“ auszulegen� Genau das aber ist das Gegenteil von sola scriptura � Wenn der nicht professionelle Bibelleser oder -hörer sich selbst abspricht oder es ihm von institutioneller Seite implizit oder sogar explizit abgesprochen wird, die Bibel mit dem „Geist der Urteilsfähigkeit“ 34 verstehen zu können, wird die hermeneutische Grundauffassung von sola scriptura aufgegeben� Mit dieser Institutionenkritik wird in keiner Weise der relative Wert und große Nutzen akademischer Bibelauslegung geschmälert� Sie bleibt eine unverzichtbare, Impulse für die Interpretationsmöglichkeiten und ihnen Grenzen setzende kritische Arbeit, wenn sie mit ihren Publikationen und ihrem performativen Auftreten in Lehre und außeruniversitärer Öffentlichkeit die Auslegung der Schrift jedes Einzelnen nicht herabwürdigt und stillstellt, sondern sie kritisch fördert und begleitet� Die Aufgabe wissenschaftlicher Exegese, die sich am Leitfaden von sola scriptura orientiert, heißt Ermutigung zur Wahrheit suchenden, kritischen Schriftauslegung jedes Einzelnen innerhalb und außerhalb der Universität in Kirche, Schule und Gesellschaft� Eine ihrer wichtigsten Aufgaben ist es, sachlich zu informieren und hermeneutisch wie theologisch über die Unhintergehbarkeit der Interpretation aufzuklären� 2.2. Die Zumutung der Auslegung oder inwiefern die Bibel am klarsten ist Am Anfang der reformatorischen Bewegung steht nicht die systematische Darlegung eines Schriftprinzips, sondern die Schriftauslegung in existentieller Anfechtung und Wahrheitssuche mit dem „Geist der Urteilsfähigkeit und der Leidenschaft“� 35 Es ist von Grund legender Bedeutung, dass Luther in seiner assertio diese intellektuelle und emotionale Kompetenz zusammenbindet und sie auch den Laien der Schriftauslegung zuspricht� Es geht dabei nicht um ei- 34 Luther, Assertio, a� a� O�, 73� 35 Luther, Assertio, a� a� O�, 73� 18 Stefan Alkier nen subjektivistischen Ansatz im Sinne frühromantischer Hermeneutik, wie sie prägnant in einem Aphorismus des Novalis zusammengefasst wird: „Wie ich und was ich lesen soll, kann mir keiner vorschreiben�“ 36 Vielmehr geht es um Luthers epochale Einsicht, dass der Zugang zur Schrift allen offen steht, die sich von diesem Geist der Urteilsfähigkeit kritisieren lassen, um den eigenen Geist vom Geist der Schrift zu unterscheiden� 37 Diese differenzhermeneutische Einsicht führt Luther zu der Unterscheidung von Wort Gottes und Heiliger Schrift� Sie führt aber zu dem hermeneutischen und methodischen Ausgangspunkt, dass die Interpretation bei der Schrift selbst beginnen muss, und die Vorgabe der dort zu findenden Zeichen das Kriterium der Angemessenheit der jeweiligen Interpretation darstellt� Insofern ist die Vorfindlichkeit der Schrift auch der Richter ihrer Auslegung� Sola scriptura befähigt also nicht nur zur Unterscheidung von Wort Gottes und Heiliger Schrift, sondern gerade auch zur Unterscheidung der Schrift und ihrer Interpretationen� Sola scriptura hält die Erkenntnis der unhintergehbaren Notwendigkeit fortwährender Auslegungen fest, die kein Dogma, keine Lehrentscheidung, keine stille Übereinkunft, kein noch so großartiger Bibelkommentar stillstellen kann� Es gilt, die Schrift immer wieder zu interpretieren, eine Notwendigkeit, die die hermeneutische Situation in ihrer Grundsätzlichkeit für alle gleichermaßen erfasst: alle interpretieren, alle müssen interpretieren, alle sind Interpreten der Schrift - und keiner ihrer Interpreten kann die Stelle der Schrift ausfüllen� Das bedeutet aber, dass sich der Sinn der Schrift nicht von der Schrift ablösen kann� Sinn ist kein Abstraktum , das sich dann in Lehrsätzen, Dogmen oder interpretatorischen summaries im Stile eines „der Autor will sagen …“ festhalten ließe� Sinn bleibt gebunden an den Auslegungsprozess� Deswegen führt sola scriptura auch zu einer Kompetenzdidaktik der Bibelauslegung, in der es um die Befähigung auch der Laien geht, ihre geschöpflichen intellektuellen wie emotionalen Potentiale für die Bibelauslegung fruchtbar werden zu lassen� Weil alle - auch die Kirchenväter, die Konzile, der Papst und freilich auch Luther selbst - interpretieren müssen, kann keine Interpretation die Bibel ersetzen, vielmehr haben die Schriftgelehrten die Aufgabe, alle zur eigenen Auslegung im „Geist der Urteilsfähigkeit und der Leidenschaft“ 38 zu motivieren� Die Übersetzung der Bibel ins Deutsche lebte von dieser Zumutung, dass jeder die Bibel selbst interpretieren könne und müsse� Man kann sich nicht 36 Novalis, Schriften 2� Das philosophische Werk I, hg� v� R� Samuel in Zusammenarb� m� H�-J� Mähl u� G� Schulz, Darmstadt 3 1981, 609: „Es gibt kein allgemeingeltendes Lesen, im gewöhnlichen Sinn� Lesen ist eine freye Operation� Wie ich und was ich lesen soll, kann mir keiner vorschreiben�“ 37 Vgl� Luther, Assertio, a� a� O�, 77 ff� 38 Luther, Assertio, a� a� O�, 73� Die Zumutung der Schriftauslegung 19 auf Autoritäten und Institutionen verlassen, denn auch diese müssen interpretieren und sind damit der Gefahr des Missverstehens ausgesetzt� Es gibt keinerlei Gewähr für eine unfehlbare Auslegung� Dieser Anspruch ist vielmehr eine institutionenfundamentalistische Anmaßung, die nicht mehr die Differenz zwischen dem Wort Gottes und der eigenen Auslegung wahrnimmt, und sich daher an die Stelle des Wortes Gottes setzt und es schon damit verstellt� Zumutung der Auslegung meint also beides: Jedem aufrichtig Wahrheit Suchenden wird zugetraut, dass er an der Kompetenz der Urteilsfähigkeit partizipieren kann und diese leidenschaftlich, d� h� mit Leib und Seele in den Prozess der Interpretation einbringt� Zumutung bedeutet aber auch, dass jedem einzelnen abverlangt wird, Zeit und Mühe in die Auslegung zu investieren, und zwar aufgrund der demütigen Einsicht, dass jede Interpretation in die Irre führen kann - auch die eigene� Die Gefahr, den eigenen Geist mit dem Geist der Schrift zu verwechseln, gilt für alle Interpreten - Luther zufolge für die professionellen Interpreten aufgrund ihrer Selbstherrlichkeit und Selbstgewissheit noch mehr, als für die der Laien� 39 Aber das sind letztlich nur graduelle Unterschiede, denn kein Individuum, keine Auslegungsgemeinschaft, keine Institution kann der Notwendigkeit und damit auch den Unwägbarkeiten und Gefahren des Interpretierens entfliehen� Die methodische Basis von sola scriptura ist also das unabschließbare eigene Lesen� Verfahren eines „ close readings “ wie es etwa in der Literaturwissenschaft der Mitte des 20� Jahrhunderts 40 entwickelt und von der Amsterdamer Schule 41 für die Exegese fruchtbar gemacht wurde, oder intratextuelle Interpretationsverfahren wie sie in der semiotisch-kritischen Exegese ausgearbeitet werden, 42 kommen dem methodischen Ansatz von sola scriptura sehr nah� Konkret heißt das: Bevor ich zu einem Kommentar greife, lese und interpretiere ich die Schrift selbst und zwar nach den Regeln der Philologie, ganz gleich, in welcher Sprache die Schrift vorliegt: „Zuerst musste nach dem Beiseitelegen aller menschlichen Schriften umso mehr und umso nachhaltiger allein über den [Heiligen] Schriften geschwitzt werden, je gegenwärtiger die Gefahr ist, dass jemand sie im eigenen Geist versteht, so dass der Brauch eines beharrlichen Studiums uns schließlich - nach der Überwindung einer solchen Gefahr - des Geistes der 39 Vgl� Luther, Assertio, a� a� O�, 73� 40 Vgl� W� Empson, 7 Types of Ambiguity� A Study of its Effects in English Verse, Revised Edition 1949� 41 Vgl� A� Wolf-Steger, Die Bibel ist eine Grosse Erzählung - und die Erzählung geht weiter� Frans Breukelmann zum 100. Geburtstag, Texte und Kontexte 150 (2016), 21-31. 42 Vgl� St� Alkier, Neues Testament (utb basics, UTB 3405), Tübingen / Basel 2010, 139-174. 20 Stefan Alkier Schrift gewiss machen würde, der überhaupt nicht gefunden wird, außer in der Schrift�“ 43 Wie ist diese Notwendigkeit harter und beharrlicher Interpretationsarbeit als Zumutung für alle zu kombinieren mit der steilen These von der Klarheit der Schrift? Luthers assertio gibt darauf eine plausible Antwort: Die These von der Klarheit der Schrift ergibt sich aus der vergleichenden Zuordnung eines Zugangs zur Schrift, der bei der Schrift selbst beginnt und sie allein als Richter der eigenen Interpretation anerkennt, gegenüber Verfahren, die erst ein Studium von Kommentaren und dogmatischen Systemen einfordern, bevor auch nur eine Seite der Schrift aufgeschlagen werden darf� Gegenüber dem zweiten Verfahren ist das erste, das bei der Schrift selbst beginnt „klarer und gewisser“ 44 ; denn auch die Kommentare und Dogmen und Lehrsysteme müssen ja erst gelesen und verstanden werden und was man dann im besten Fall verstanden hat, ist gegenüber der Schrift Sekundärliteratur� Wenn ich verstehe, wie Origenes, ein Konzil oder das römisch-katholische Lehramt in einer bestimmten Äußerung Paulus verstanden hat, habe ich noch nicht Paulus verstanden� Ja, es kommt eine weitere Unklarheit in diesen Weg über die Sekundärliteratur hinzu: es potenziert das mögliche Missverständnis, denn vielleicht habe ich ja den Kommentar oder das Dogma missverstanden, denn auch diese müssen doch „bis ins Unendliche“ 45 interpretiert werden� Was Luther in seiner Zeit vor Augen war, kann vergegenwärtigt werden an den aktuellen Kontroversen um die Quelle „Q“� Wenn die Interpretation der synoptischen Evangelien abhängig gemacht wird von der Existenz einer verloren gegangenen Quelle Q, vergrößert sich die Unsicherheit in der Auslegung, denn die Existenz von Q ist zwar nicht abwegig, aber keinesfalls evident� Der Streit um Q führt weg von der Interpretation der synoptischen Evangelien, er verunklart die Gabe der Schrift� Man schwitzt über einer literaturgeschichtlichen Hypothese und nicht über der Schrift, man verstellt den Laien den Zugang zur Schrift, indem man implizit oder explizit behauptet, nur wenn man an die Existenz von „Q“ glaubt, und dann auch noch weiß, in welche literargeschichtliche Schichten diese hypothetisch zu rekonstruierende Quelle zu analysieren ist, könne man die synoptischen Evangelien verstehen� Hatte Luther mit seiner methodischen Kritik an der Vorordnung der Sekundärliteratur vor dem eigenen Studium, Kirchenväterkommentare, mittelalterliche Lehrbücher, Konzilsbeschlüsse und Dogmen vor Augen, so wäre heute danach zu fragen, ob nicht wissenschaftliche Dogmen wie die Existenz von „Q“, oder wie unbezweifel- 43 Luther, Assertio, a� a� O�, 79� 44 Luther, Assertio, a� a� O�, 81� 45 Luther, Assertio, a� a� O�, 77� Die Zumutung der Schriftauslegung 21 bare Fakten vorgetragene literaturgeschichtliche hypothetische Datierungen alttestamentlicher Texte die Schrift verunklaren und gegenüber solchen vorgeschalteten Zäunen um die Schrift ein philologisch orientiertes close reading nicht der klarere Weg in die Schrift sein könnte� Wieviel Hypothesenballast hat eine wissenschaftliche Bibelinterpretation wirklich nötig? Diese Abwägung der beiden Wege in die Schrift führt Luther dann auch zu seiner programmatischen Formulierung, die ich - zumindest teilweise - auf Latein zitieren muss, um zwei Alternativen der Übersetzung kenntlich machen zu können, die zu sehr verschiedenen Perspektiven auf Luthers sola scriptura führen� Die entscheidende Passage lautet: „Man muss nämlich hier mit der Schrift als Richter ein Urteil fällen, was [aber] nicht geschehen kann, wenn wir nicht der Schrift in allen Dingen, die den Vätern beigelegt werden, den ersten Rang einräumen� Das heißt, ut sit ipsa per sese certissima, facillima, apertissima, sui ipsius interpres, omnium omnia probans, iudicans et illuminans … �“ 46 Die gut gelungene Übersetzung der assertio , die Sibylle Rolf vorgelegt hat, übersetzt philologisch vertretbar wie folgt: „Das heißt, dass sie durch sich selbst ganz gewiss ist, ganz leicht zugänglich, ganz verständlich, ihr eigener Ausleger, alles von allen prüfend, richtend und erleuchtend“� Ich schlage dagegen vor, die Superlative certissima, facillima, apertissima nicht mit „ganz“ wiederzugeben, sondern ihre superlativische Bedeutung auch in der Übersetzung beizubehalten, denn die Einleitung mit „das heißt“ ( hoc est ) zeigt doch das folgende als Erläuterung der im vorherigen stehenden Vorordnung der Schrift als Primärliteratur vor die Sekundärliteratur� Demnach ist die Schrift „durch sich selbst am gewissesten, am leichtesten zugänglich, am klarsten “ und zwar als Alternative zu einer Auslegungspraxis, die erst die Sekundärliteratur und dann erst von dem Vorverständnis und den Setzungen der Sekundärliteratur ausgehend die Schrift interpretiert� Es geht bei Luthers sola scriptura nicht um die Ablehnung der Sekundärliteratur, also auch nicht um die Ablehnung der Tradition als solcher, sondern es geht zunächst und vor allem anderen um die Vorgabe der Schrift� Keine Lehre und kein Lehramt, sei es der Papst oder die Universitätsprofessoren, sei es ein Dogma oder eine wissenschaftliche Hypothese, soll der Interpretation der Schrift normierend vorangestellt werden� Keine Interpretation darf sich an die Stelle der zu interpretierenden Schrift setzen� Die Schrift ist immer reicher, offener, lebendiger als eine ihrer Interpretationen� Diese Einsicht führt zur Demut der Interpretation� „Auf diese Weise stellt sich Luther als ein Theologe dar, der gleichsam alle Kräfte seines Intellekts, seines Glaubens, seines Affekts, 46 Luther, Assertio, a. a. O., 79-81. 22 Stefan Alkier seines Herzens und seines Gewissens aufbietet, um den Inhalt, das Wort der Schrift zu hören und zu empfangen�“ 47 2.3. Die Stimmen der Schrift und die Ein-Leuchtung des Wortes Gottes: Intertextuelle und rezeptionsästhetische Implikationen von sola scriptura Luthers sola scriptura deformiert christlichen Glauben nicht zu einer Buchreligion� Es steht wegen der Dynamik seines Interpretaionsverständnisses jedem Schriftpositivismus entgegen� Die Schrift ist Luther zufolge vielmehr ein Notbehelf für das lebendige und deshalb Leben schaffende und Leben ermöglichende Wort Gottes� Luther kritisiert die Verschriftlichung des Evangeliums sogar als „eyn grosser abbruch und ein geprechen des geystis“ 48 , zugleich aber gilt ihm die Schrift als notwendiges, weil zuverlässigstes und klarstes Medium der Kontinuität des Evangeliums unter den historischen und semiotischen Bedingungen menschlicher Kommunikation� Deswegen tritt er nicht nur für den rechtlichen Primat der Heiligen Schrift ein, sondern erklärt sie allein zum Richter aller den Glauben betreffenden Wahrheitsbehauptungen� Nur der Schrift kommt deshalb die Funktion zu, normierende Norm aller theologischen Aussagen zu sein� Die gleichermaßen intellektuelle wie existentielle Hingabe an die Schriftauslegung steht gerade nicht in Widerspruch zu der Freiheit Luthers gegenüber dem überlieferten Kanon, der dazu führte, dass Luther einen eigenen Kanon kreierte, den es in dieser Gestalt vor ihm nicht gegeben hat� 49 Im alttestamentlichen Teil folgt er der Anordnung der Septuaginta bzw� der Vulgata, lässt aber nur solche Bücher als kanonisch gelten, die auch auf Hebräisch bzw� Aramäisch überliefert sind� Im Neutestamentlichen Teil gelten ihm die Briefe des Jakobus und Judas, der 2� Petrusbrief und die Johannesapokalypse nicht etwa als kanonisch, sondern als apokryph� Luthers sola scriptura ermöglicht es geradezu, die Polyphonie des Kanons wahrzunehmen und sogar antagonistisch Schrift mit Schrift zu kritisieren� 50 Ihm geht es nämlich um den Zusammenhang der Schrift, wie er es trefflich in einer Predigt formulierte: „Du musst scripturam sacram nicht stückweise ansehen, sed integram�“ 51 Diese hermeneutische Überzeugung von der Übersummativität 47 Mostert, Scriptura sacra sui ipsius interpres, a� a� O�, 10� 48 Zit� nach A� Beutel, Erfahrene Bibel� Verständnis und Gebrauch des verbum dei scriptum bei Luther, in: ders�, Protestantische Konkretionen� Studien zur Kirchengeschichte, Tübingen 1998, 66-103, hier: 75. 49 Vgl� dazu U� H� J� Körtner, Arbeit am Kanon� Studien zur Bibelhermeneutik, Leipzig 2015, 20 ff� 50 Vgl� A� Beutel, Erfahrene Bibel, a� a� O�, hier: 85� 51 Luther, WA 47, 681, 1-2. Die Zumutung der Schriftauslegung 23 der Teile drückt sich auch in der viel zitierten, aber oft aus dem Zusammenhang gerissenen Formulierung der Selbstauslegung der Schrift aus (scriptura … sui ipsius interpres) 52 � Das führt Luther aber nicht zu einer Harmonisierung der Polyphonie der Schrift, sondern vielmehr zu einem intertextuellen Auslegungsverfahren einerseits und zu einem rezeptionsästhetischen Kriterium im Konflikt der sich widerstreitenden Stimmen der biblischen Schriften andererseits� Die von Luther eingeforderte fortwährende Lektüre aller biblischen Schriften nimmt nicht nur deren Übereinstimmungen wahr, sondern auch ihre Differenzen und unvermittelbaren Widersprüche� Sie verschafft dem beharrlichen Studierenden die intertextuelle Kompetenz, Schriften miteinander in Beziehung zu setzen und sich gegenseitig erläutern oder auch kritisieren zu lassen� Wer etwa Jesu letztes Wort am Kreuz, wie er es im Markus- und im Matthäusevangelium liest, auf die Gottesferne eines Verzweifelten reduziert, dem verhilft der intertextuelle Verweis darauf, dass Jesus hier einen Psalm betet, zu einem ganz anderen Verständnis dieses ergreifenden Verses im Rahmen der markinischen und matthäischen Darstellung der Kreuzigung Jesu: „Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen“ eröffnet Psalm 22, der mit der Zuversicht des Kommens des Reiches Gottes endet: „Denn des HERRN ist das Reich, und er herrscht unter den Völkern� Ihn allein werden anbeten alle Großen auf Erden; vor ihm werden die Knie beugen alle, die zum Staube hinabfuhren und ihr Leben nicht konnten erhalten� Er wird Nachkommen haben, die ihm dienen; vom Herrn wird man verkündigen Kind und Kindeskind� Sie werden kommen und seine Gerechtigkeit predigen dem Volk, das geboren wird� Denn er hat’s getan.“ (Psalm 22,29-33). Liest man die Schrift „integram“, so legt sie sich auf diese intertextuelle Weise selbst aus und führt nicht nur zu einem besseren Verständnis dunkler Stellen, sondern zu einer Gesamtperspektive, die durchaus auch Passagen der Schrift in Frage stellen kann� Die methodischen Verfahren des sola scriptura im Sinne eines intratextuellen close readings und eines intertextuellen Wahrnehmens und aufeinander Beziehens der Polyphonie der Schrift sind methodische Leitprinzipien, die gerade auch im heutigen Diskurs neutestamentlicher Wissenschaft hoch aktuell und interdisziplinär plausibel reformulierbar sind� 53 Die rezeptionsästhetische Pointe des sola scriptura gerät aber damit allein noch nicht in den Blick� Die klügste und philologisch korrekteste Interpretation eines biblischen Textes kann nämlich nicht machen, dass die Schrift als Wort Gottes wahrgenommen wird und als solche wirkt� Die Wirksamkeit der 52 Luther, Assertio, a. a. O., 79-81. 53 Vgl� dazu St� Alkier / R� B� Hays, Kanon und Intertextualität, a� a� O�; Chr� Schwöbel, Sola Scriptura, a. a. O., 24-27. 24 Stefan Alkier Schrift als Wort Gottes entzieht sich der Machbarkeit des menschlichen Geistes, welcher Methoden auch immer er sich bedient� „Was Christum treibet“ kann als hermeneutisch-theologische Leitperspektive immerhin noch im Streit der Interpretationen diskutiert werden� Dass Christum treibet, ist aber dem Wirken des Geistes der Schrift vorbehalten, oder wie es trefflich und schön Albrecht Beutel formuliert hat: „So ist die Schriftlichkeit der Schrift ein zwar defizitärer, aber doch notwendiger Modus des Evangeliums� Er ist notwendig, um eben durch seine Defizienz die Erinnerung wachzuhalten, daß das Neue Testament erst dann auf die ihm einzig gemäße Weise Schrift werden kann, wenn man es sich vom Geist in das eigene Herz schreiben lässt�“ 54 54 Beutel, Erfahrene Bibel, a� a� O�, 76 f�