eJournals ZNT – Zeitschrift für Neues Testament 26/51

ZNT – Zeitschrift für Neues Testament
znt
1435-2249
2941-0924
Francke Verlag Tübingen
61
2023
2651 Dronsch Strecker Vogel

Editorial

61
2023
Tobias Nicklas
Susanne Luther
Jan Heilmann
Michael Sommer
znt26510003
Editorial Liebe Leserin, lieber Leser, Das Neue Testament ist bekanntlich weder ein Buch, noch einfach eine Bibliothek. Die Kanonfrage betrifft den Umfang der Schriften des Neuen Testemants sowie die Reihenfolge und Gliederung in Teilsammlungen. Mit dem Kanon aber verbinden ich zugleich eine Vielzahl von spannenden Fragen und Problemen: Die Schriften des Kanons werden von den verschiedenen christlichen Konfessionen auf unterschiedliche Weise als „ inspiriert “ , also mit dem Wort Gottes in Verbindung stehend, oder es gar (re-)präsentierend verstanden. Damit bilden sie eine entscheidende Basis für theologisches Argumentieren: Was aber bedeutet die Erkenntnis, dass dem Kanon eine Geschichte zukommt, für diesen Gedanken? Und welche Folgerungen ergeben sich aus der Erkenntnis, dass sich im Kanon Stimmen finden, die wir heute nicht mehr als akzeptabel nachvollziehen können? Welche Bedeutung kommt der Erkenntnis zu, dass nicht nur der Kanon eine Geschichte besitzt, sondern auch die Adaption der kanonisch gewordenen Bücher sich im Lauf der Geschichte änderte? Um diese und vergleichbare, grundlegende Fragen beantworten zu können, müssen wir uns intensiv mit Themen der Kanongeschichte wie auch der Kanonhermeneutik auseinandersetzen. Und der Kanon steht natürlich auch über die christlichen Konfessionen hinaus jedem interessierten Leser und jeder interessierten Leserin offen; durch Fragen der Kanongeschichte und des Kanonaufbaus ergeben sich dadurch je unterschiedliche Rezeptionsmöglichkeiten. Die Beiträge des folgenden Bandes tun dies auf verschiedene Weise; sie nehmen Impulse aus der neuesten Forschung zu Apokryphen auf und zeigen, dass die Grenzen zwischen kanonischen und außerkanonischen Texten wie Traditionen fließender sind als üblicherweise angenommen. Sie diskutieren den Wert apokrypher Quellen für die Kanongeschichte und zeigen, dass die Geschichte des neutestamentlichen Kanons, den man nur als Teil eines gesamtbiblischen Kanons verstehen kann, nicht mit der Entstehung des Kanons beendet ist. Sie beschäftigen sich mit dem Unterschied zwischen dem Kanon und konkreten Bibeln, die viel mehr umfassen als die Texte des Kanons allein. Erkennbar wird dabei nicht nur, dass jede konkrete Bibel bereits Teil der Rezeptionsgeschichte der Idee von „ Kanon “ und „ Bibel “ ist, sondern auch, wie sehr unterschiedliche Teile des Kanons im Verlauf der Geschichte unterschiedlich gewichtet wurden: Stehen die Texte des Kanons also alle auf gleicher Ebene? Oder sind Differenzen erkennbar? Und sie überlegen, was es bedeutet, wenn Texte des Kanons in anderen Medien - von Riten bis hin zu Bildern - vermittelt werden. Die Zusammenstellung der Beiträge versteht sich nur als ein Anfang, der Impulse zum Weiterdenken liefern möchte. Beim Lesen und Diskutieren der Beiträge, die von Tobias Nicklas zusammengestellt wurden, wünschen wir Freude und Inspiration. Tobias Nicklas Susanne Luther Jan Heilmann Michael Sommer 4 Editorial